Meier. 1035
Verkehrtes. Wir haben es in den letzten Wochen in verschiedenen Debatten
gesehen, daß man auf dem Felde der Gesetzgebung damit vorangegangen ist,
die Kompetenz des Bundes zu erweitern. Ich glaube, daß da Gründe vor-
liegen, weil man bei der einen und der anderen Rechtsmaterie immer auf
Bedenken stieß, ob die Kompctenz vorhanden sei oder nicht, und darum ist
nach meinem Dafürhalten auch der Beschluß in Betreff des Andages Migquel-
Lasker durchaus richtig. Aber dennoch, meine Herren, hat es wohl seine
Bedenken, auch selbst im Rechtswege so rorzugehen. Ich will darauf auf-
merksam machen, daß die einzelnen Staaten in der Förderung ihrer Gesetze
gelähmt werden. Beispielsweise sind wir in meiner Vaterstadt in der Lage
gewesen, unser Strafgesetz zu ändern; wir hatten eine sehr gute Vorlage,
und auf einmal steht uns die Bundesgesetzgebung im Wege. Ich will dar-
auf hinweisen, daß man hier bei Gelegenheit des Auslieferungsverfahrens hervor-
gehoben hat: ja man könne doch unmöglich das hier festsetzen, denn man
riskire, wenn man in Bremecu Zauberei triebe, daß eine Regquisition käme,
man solle ausgeliefert und rerbrannt werden. Meine Herren, dies ist ein
Beispiel. Ein anderes Beispiel: Man hat dem Staate Sachsen einen Vor-
wurf daraus gemacht, in seiner Gesetzgebung vorangegangen zu sein, obgleich
die Bundesgesetzgebung unmittclbar in Auesicht stand. Wenn dies, meine
Herren, auf dem Wege der Gesetzgebung schon seine Bedenken hat, wie ein
Jeder mir hier zugeben muß, daß man umr allgemein die Kompxetenz hin-
stellt, ohne sich klar zu machen, was man da will, so hat es auf diesem
materiellen Gebicte seine viel größeren Bedenken. Wenn auf diesem mate-
riellen Gebiete eine allgemeine Kompxetenz der Verwaltung erst festgestellt
wird, ohne daß man weiß, was man will, so müssen die Spezialverwaltun=
gen fortwährend befürchten, daß alle Maßregeln, die sie nehmen, am nächsten
Tage beseitigt werden. Bei allen Anschaffungen die gemacht werden sollen,
steht vielleicht in Aussicht, daß man in kurzer Zeit Alles hinnimmt. Das wird
einen solchen lähmenden Einfluß auf die Entwickelung unserer ganzen Ver-
hältnisse ansüben, daß ich es in der That für höchst unrecht und nicht zu
verantworten halten würde, wenn wir so einfach hier die Bundeskompetenz
ausdehnen. Wenn man es sich dagegen klar macht, wie man die Verwal-
tung gestalten will, wenn man z. B. nach dem Antrage der Resolution sagt,
daß am offenen Meere, da wo keine unmittelbar Betheiligten sind, es der
Verwaltung des Bundes ganz überlassen sein soll, daß man dagegen da, wo
verschiedene Regierungen eingreifen, es den Betheiligten überlassen will, und
wenn es danach erforderlich sein wird, Verfassungsänderung vorzunehmen,
so werde ich mit Vergnügen und bereitwilligst dazu Ja sagen und Ihnen
das empfchlen können. Aber ohne das halte ich es nicht für richtig, und
bitte Sie daher, sich auf die Resolution zu beschränken, nicht aber den Antrag
des ursprünglichen Herrn Antragstellers, den er jetzt hier wieder eingebracht
hat, anzunehmen.