1048 1869. Art. 4 Ziff. 13.
denen Rechtssysteme in Preußen nicht bleiben können, das ist, glaube ich,
eine allen denkenden Politikern und Juristen unzweifelhafte Frage. Wenn
also der Bund die Aufgabe von sich ablehnt, was wird geschehen? Preußen
wird die Aufgabe in die Hand nehmen, wir werden ein Rechtsbuch für das
Preußische Volk schaffen, und was wird schließlich der Erfolg sein? Die
Kleinstaaten Deutschlands werden gezwungen werden, das Preußische Rechts-
buch zu acceptiren, ohne daß sie bei seiner Berathung haben mitwirken
können. (Sehr richtig!) Ich frage daher, ob ein partikularistisches Interesse
meinem Antrage entgegenstehen kann. Wenn die Herren es nur unbefangen
auffassen wollen, so kann ich das unmöglich glauben. Ja, Diejenigen unter
uns, die Mißtrauen gegen den Norddeutschen Bund haben, die seine Gesetz-
gebung für eine ungeordnete halten, die also schon aus diesen Gründen jedes
Gesetz, welches der Norddeutsche Bund erläßt, mit Mißtrauen anschen, Die-
jenigen unter uns, die die Entwickelung des Deutschen Rechtslebens überhaupt
nicht wollen, — die allerdings können meinen Antrag bekämpfen, aber nur
die allein. (Widerspruch und Zustimmung.) Meinc Herren, abgesehen von
dieser hohen Aufgabe der Zukunft, für welche wir uns den Boden schaffen
wollen, — abgesehen davon ist auch aus anderen Gründen die Annahme meines
Antrages eine Nothwendigkeit. Ich habe schon vorhin gesagt: das bürgerliche
Recht ist untheilbar. Jedes Mal, wo man ein einzelnes Stück zu kodifiziren
in Angriff nimmt, wird man dies fühlen; man wird genöthigt sein, bei der
Behandlung jeder einzelnen Spezialmaterie in die anderen auzsgeschlossenen
Materien überzugreifen und sich so fortwährend in Kompetenzschwierigkeiten
zu verwickeln, allerhand Streitigkeiten hervorzurufen über die Berechtigung
der Bundesgesetzgebung, überall in Fußangeln zu gerathen. Das Obliga-
tionenrecht ist bereits durchberathen und kodifizirt und sogar durch eine Kom-
mission, welche der selige Deutsche Bundestag eingesetzt hatte. Ich habe den
Entwurf in der Hand, der damals berathen ist, ich schätze ihn als ein ganz
außerordentliches Werk und glaube, er wird uns in Zukunft unsere eigene
Aufgabe außerordentlich erleichtern. Diejenigen aber unter Ihnen, meine
Herren, die den Entwurf einmal angesehen haben, werden mir zugeben
müssen, daß er überall über seine Begrenzung hinausgreift. Wenn der Entwurf
des Deutschen Obligationenrechts sich genöthigt sieht, die Frage nach der Persön=
lichkeit, die Frage nach der Bildung von Gesellschaften, nach den Rechtssubjekten
zu behandeln, wenn der Entwurf die Lehre vom Irrthum, vom Betruge, von der
Unzweifelhaftigkeit des Willens in das Obligationenrecht hineinziehen muß,
greift er da nicht in das bürgerliche Recht hinüber? gehören nach dem
herrschenden System alle diese Fragen in das Obligationenrecht? Was werden
wir also thun müssen? Denselben Weg beschreiten? Aendern Sie die Ver-
fassung nicht im Grundsatze, so werden Sie fortwährend genöthigt sein, die
Verfassung in facto zu ändern. Ich will aber lieber eine deutliche Aende-
rung im Grundsatz, als ein fortwährendes Hinübergreifen im einzelnen Falle.
Das thut keiner Verfassung wohl. Ich erinnere ferner, um ein anderes