Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

1050 1869. Urt. 4 Ziff. 13. 
jeder Jurist im Hause sich gesagt: das Gesetz gehört eigentlich in den Nord- 
deutschen Bund; mit ihm hängt die Verwerthung des Giundbesitzes, mit 
ihm hängt der Kredit, mit ihm hängt das Verhälmiß des unbeweglichen 
zum mobilen Eigenthum zusammen: unmittelbar stößt der Antrag in das 
Handelsrecht, in das Wechselrecht, in alle die Fragen des Handels und 
Wandels und Verkehrs. Wenn das eine dem Norddeutschen Bunde über- 
lassen wird, so muß auch das andere naturgemäß vom Norddeutschen Bunde 
behandelt werden. Aber wir haben keine Kompetenz, wir müssen den An- 
trag, wenn er hierher kommt, zurückweisen. Meine Herren, Einige unter 
Ihnen haben mir gesagt: wir fürchten die Centralisation in Deutschland, 
wir wollen nicht das gesammte bürgerliche Rechtsleben dem Norddeutschen 
Bunde übertragen; denn warum soll alles nivellirt werden? warum sollen 
die Verschiedenheiten in den einzelnen Provinzen und reisen, die die 
lokalen Verhältnisse erzengt haben, und die dem gesammten Leben der Na- 
tion keinen Schaden thun, nicht bestechen bleiben? warum alles nirelliren? 
Ja, meine Herren, Diejenigen unter Ihnen, namentlich die Herren aus Preußen, 
die mir den Einwand gemacht haben, bitte ich sich einmal klar zu machen, 
wo wahrscheinlich mehr nivellirt werden wird, in einem Einheitsstaat oder 
in einem Bundesstaat, wo die Kräfte, die das Partikulare auch lieben und 
vertreten, zu denen ich auch gehöre, stärker sind: im Norddeutschen Bunde 
oder in den einzelnen Einheitsstaaten Deutschlands? Meine Herren, daß 
sie in den Einzelstaaten nicht stark sind, das lehrt uns die Erfahrung: 
nirgends ist das Besondere mehr zerschlagen, als in den kleinen und kleineren 
Deutschen Einheitsstaaten. Wenn es sich um die Frage handelt: welche all- 
gemeinen Sätze sollen gleich sein für die ganze Nation in Beziehung auf 
das bürgerliche Rechtsleben und was soll der partikularen Rechtsentwickelung 
überlassen bleiben? — so bin ich überzeugt, das Maaß für letzteres wird größer 
bemessen werden hier im Norddeutschen Bund, als in jedem Deutschen Ein- 
heitostaate, als auch in Preußen. (Sehr wahr!) Und das ist der Haupt- 
grund sogar, der mich bewegt diesen Antrag hier einzubringen. Ich begreife 
daher nicht eine Aeußerung eines Vertreters aus Mecklenburg, der jedesmal, 
wenn es sich um eine Erweiterung der Kompetenz handelt, uns vorwirft, 
wir kämen immer mit dem Einheitsstaat und würfen daher Mißtrauen 
in die Regierungen und Berölkerungen. Dem Scheine nach mag das der 
Fall sein, wer aber wirklich tiefer nachdenkt, wird die Gründe die ich eben 
angeführt habe, nicht ohne weiteres wegwerfen können. Ich behaupte, wenn 
wir hier in Preußen das gesammte bürgerliche Recht kodifizirten, so wird 
es später ohne Weiteres auf Mecklenburg ausgedehnt werden und es werden 
die Vertreter von Mecklenburg keine Gelegenheit gehabt haben, um Schonung 
anzuhalten für besondere und berechtigte Einrichtungen und Eigenthümlich- 
keiten in Mecklenburg, und so wird es jedem einzelnen Deutschen Staate 
gehen. Ich glaube überhaupt, daß die Gefahr der Centralisation, des 
Nivellirens um so kleiner ist — wenn ich dies sage, so bin ich auf starken
	        
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