Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

1062 1869. Art. 4 Ziff. 13. 
materiellen Gründen den Antrag mit Freuden begrüßt haben und ihm 
mit Freuden zustimmen werden. Gestatten Sie mir, kurz unsere mate— 
riellen Gründe zu bezeichnen. Was zunächst die juristische Seite der 
Sache betrifft, meine Herren, so gehe ich von dem Gesichtspunkte aus, — 
und der Herr Antragsteller, der den Antrag befürwortet hat, hat das ja auch 
erwähnt, aber wie ich meine doch so kurz, daß ich nicht wiederhole, wenn 
ich noch einmal darauf zurückkomme, — ich halte, und ich habe das bereits 
in einer der ersten Sitzungen dieses Hauses erklärt, eine Zerreißung des pri- 
vatrechtlichen Organismus im Obligationenrecht und übrigen Rccht für ein 
Ding der Unmöglichkeit; es würde das beruhen auf einer so oberflächlichen 
Anschauung, daß Männer, die sich bemühen in die Tiefen des Rechtslebens 
einzudringen, sie überhaupt nicht gut billigen können. Denn, meine Herren, 
was heißt denn Obligationenrecht, was heißt denn Sachenrecht, was heißt 
denn Personenrecht? Es sind nur Phasen, in welche dieselbe Sache in ver- 
schiedenen Stadien ihrer Entwickelung eintritt. Die erste Phase der Beziehung 
der Person zum Obiekt ist gewöhnlich die der Obligation. Dieselbe Be- 
ziehung der Person zu dem Objekte bereitet sich vor in dem Obligationen- 
rechte, sie stabilirt sich in dem Sachenrechte, in dem dinglichen Rechte, sie 
tritt in die Phase des Erbrechts, wo sie sich überträgt auf die juristisch fort- 
gesetzte Persönlichkeit; das Familienrecht ordnet die Beziehungen der Per- 
sonen nur soweit sie auf privatrechtliche Verhältnisse sich erstrecken; unter 
Familienrecht begreifen wir nicht Ordnung der Familienverhältnisse überhaupt, 
sondern wir begreifen nur die Ordnung der Familienverhältnisse privat- 
rechtlicher Natur. Meine Herren, ich will auf diese juristischen Auseinander- 
setzungen nicht tiefer eingehen, ich bin überzeugt, daß alle die verehrten Mit- 
glieder, die sich mit juristischen Dingen lebhaft und warm beschäftigt haben, 
in diesem Punkte vollkommen mit mir einverstanden sind: die Zerreißung 
der Gesetzgebung nach ihren Titeln, die man der Bequemlichkeit halber wählt, 
um auf Akademien und Universitäten die Lehre dogmatisch darzustellen, kann 
man nicht auf die Gesetzgebung übertragen, das würde eine Herabsetzung 
heißen. Wenn das aber richtig ist, und es ist richtig, so wird es thatsächlich 
dokumentirt dadurch, wie ebenfalls der Herr Antragsteller erwähnte, daß wir 
faktisch nicht im Stande sind die Zerreißung durchzuführen, wir kommen bei 
jeder Gelegenheit auf die Nothwendigkeit zurück, in verschiedene Rechtsgebiete 
einzugreifen. Gestatten Sie mir nur an eine Materie zu erinnern, die kürzlich 
hier zur Verhandlung gekommen ist, — ich will nicht auf den von Hagke- 
schen Antrag zurückkommen, das hat der Herr Abgeordnete für Osnabrück 
bereits gethan, — wir haben uus mit einem Antrage beschäftigt wegen Er- 
propriations-Bestimmungen in Festungsrayons und es ist bei dieser Gelegen- 
heit vom Bundestische erklärt worden, der Gegenstand gehöre unzweifelhaft 
zur Kompetenz des Bundes. Nun gebe ich zu, die causa der Expropriation 
um die es sich handelt, das sind militärische Zweckmäßigkeits-Gründe. Wenn 
wir aber in der Lage sind mit Rücksicht auf die causa, auf den Grund,
	        
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