1078 1869. Art. a Ziff. 13.
sichtspunkte behandeln. Ich wünschte überhaupt, wir sprächen nicht immer
von „national"“, da man doch nicht recht weiß, was für ein Begriff damit
verbunden ist. Dem Einen ist national dies, dem Anderen das. Es
handelt sich hier einfach darum, ob man die Kompetenz des Bundes aus-
dehnen will auf das gesammte bürgerliche Recht und auch auf die
Gerichtsorganisation. Meine Herren, ich bin kein Gegner gemeinsamer
Rechtsbildung und auch nicht Feind gemeinsamer Gerichtsorganisation, so
weit sie in den Verhältnissen begründet und wirklich sachlich
zweckmäßig ist und soweit sie auf legalem Boden erreicht werden
kann. In der Sache also ist — ich glaube auch die anderen Herren
Redner, die gesprochen haben, sind nicht weit von dieser Ansicht entfernt —
das Einverständniß nicht so weit auseinander als das Einrerständniß in
Beziehung auf die Wege zum Ziele. Der Antrag, der hier gestellt ist,
führt uns dem Ziele nicht näher, er führt uns davon ab. Meine Hoerren,
gegen den Antrag, wie er gestellt ist, sprechen zunächst, ich muß darauf zu-
rückkommen, Kompetenzbedenken, und zwar in doppelter Richtung. Zu-
nächst ist die Frage, ob in Beziehung auf Verfassungsveränderungen Ange-
sichts des Artikels 23 dem Reichstage die Initiative zusteht, denn es heißt
in diesem Art. 23 ausdrücklich, daß die Initiative dem Reichstage nur zusteht,
soweit er in seiner Kompetenz bleibt. Der Herr Abgeordnete
Lasker hat im konstituirenden Reichstage allerdings als Zweck seines An-
trages erklärt, daß Verfassungsänderungen auf dem im Artikel 78 bezeichne-
ten Wege in Folge einer Initiative des Reichstages sollten gemacht
werden können. Ob ihm das vollkommen gelungen ist, das ist allerdings
zweifelhaft, wie der Herr Abgeordnete Wagener bereits dargelegt hat. In-
zwischen will ich auf diesen Gesichtopunkt nicht weiter eingehen. Jedenfalls
wird es ja möglich sein, daß man im Wege der Resolution oder wie sonst
Fragen dieser Art bei den Regierungen anregt. Und weiteres als eine
solche Auregung wird auch durch den vorliegenden Antrag, mögen Sie nun
ihren Beschluß fassen in welcher Form Sie wollen, nicht erreicht werden.
Ich habe aber ein Kompetenzbedenken nach einer anderen Richtung, welches
mir sehr wesentlich erscheint, ohne daß ich das andere unterschätze. Soll
durch den Antrag gesagt werden: wenn derselbe hier angenommen ist und
zwei Drittheile der Regierungen stimmen zu, so kann die Verfassung seinem
Inhalte gemäß ohne Weiteres geändert werden, — dann ist der Antrag
gegen das Verfassungsrecht, wie es in Norddeutschland eristirt. (Sensation.)
Ich behaupte dieses auf die Gefahr hin, von dem Abgeordneten Friedenthal
für einen Rerolutionair erklärt zu werden. (Heiterkeit.) Meine Herren, es
hat nach meinem Dafürhalten gar keine Zweifel, daß zur Ausdehnung
der Bundeskompetenz nothwendig derselbe Weg genommen werden muß,
auf welchem die Verfassung überhaupt zu Stande gekommen ist. Nichts ist
natürlicher, als daß Dinge in der Weise und auf dem Wege aufgehoben
oder abgeändert werden, auf dem sie entstanden sind. Es ist die Bundes-