Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

1084 1869. Art. 4 Ziff. 13. 
haben im Abgeordnetenhause angefangen, Stücke von der Civilgesetzgebung 
zu machen und ich will mur an das eine Beispiel erinnern, welches besonders 
herworgehoben ist, an dem Entwurf über Erwerb des Grundeigenthums und 
die Belastung desselben, dies berühmte Gesetz, — ja wie weit sind wir denn 
gekommen und was wird darauf kommen? Zur Zeit redigirt man es im 
Justizministerium von Neuem. Ich gehe auf diese Materie nicht näher ein. 
Ich würde es dann thun, wenn unser bedeutendster Jurist hier wäre — der 
Abgeordnete Waldeck, — der mir zu Hülfe kommen würde gegen etwaige 
Angriffe meiner desfallsigen etwaigen Ansführung. Ich glaube der eben 
vernommenen Unterbrechung gegenüber, daß der Abgeorducte Waldeck sich 
hier nicht im Fortschritt der gewähnlichen Art befindet sondern in einem 
ruhigen Erwägen dessen, was nothwendig und was wirklich zweckmäßig ist. 
Außerdem will der Antrag, daß die ganze Gerichtsorganisation zur Bundes- 
sache gemacht werden soll. Meine Herren, bei jeder Oper setzt die Partitur 
gewisse Instrumente voraus. Ebenso ist es bei einer Prozeßordnung noth- 
wendig vorausgesetzt, daß die Instrumente da sind, auf welchen sie abgespielt 
werden kann. Aber jeder Mensch weiß doch wohl, daß man die Instrumente 
sehr verschieden organisiren kann trotz der Partitur, und die Herren, welche 
diesen Antrag so leicht hinwerfen, bedenken wahrlich nicht, wie weit dies 
greifen kann. Der Abgeordnete Miquel hat seinen Antrag nur gerechtfertigt 
in Analogie der Instrumente zur Partitur. In dieser Hinsicht ist Nichts 
nöthig, denn das ist bereits in Nr. 13 der Verfassung bestimmt. Wenn 
man etwas Neues bestimmt, will man mehr bestimmen und dies würde 
dahin führen, die Zahl der Gerichtshöfe, die Besoldungs= und Accensions- 
verhältnisse bei deuselben, so wie die Prüfungen — kurz Alles, was zur 
Organisation gebört, gemeinsam fertig zu machen. Könnte das wohl zweck- 
mäßig sein? Ich glaube es ist in der That in der Sache zu weit gegriffen, 
und ich kann mich des Bedenkens nicht erwehren, daß man eine an sich po- 
puläre Sache hat benutzen wollen, um zu Gunsten der Bundesverfassung 
den Einzelstaaten wieder ein Schuippchen zu schlagen. Dann, meine Herren, 
frage ich: haben wir die Aufgaben, welche uns in der Bundesverfassung gc- 
stellt sind, bereits gelöst, oder haben wir sie schon in dem Umfange und in 
der Weise gelöst, daß wir vom Deutschen Volke aus weitere Aufgaben er- 
bitten müssen? Wir haben den gräößten Theil der Dinge, welche mit dem 
Inhalte des gegenwärtigen Autrags zusammenhängen, kaum angefangen. Es 
ist daron noch gar nichts an den Reichstag gekommen und von den Gegen- 
ständen, welche an uns gekommen sind, ist Vieles nur theilweise erledigt. 
Und ob die Berathungen der Gewerbeordnung uns als die ersten Legisla- 
toren des neunzehnten Jahrhunderts, befähigt einen Civilcoder zu machen, 
dokumentiren, will ich, da ich selbst dabei bin, bescheiden der Beurtheilung 
Anderer überlassen. Ich glaube, es ist recht zweckmäßig, wenn wir die Auf- 
gaben, welche hier bereits in der Bundesrerfassung liegen, erst vollständig 
ausführen, daran unsere und Anderer Kräfte, welche daran mitwirken, üben.
	        
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