1090 1869. Art. 4EZiff. 13.
seine Zustimmung zu ertheilen, welcher Gesetzentwurf dann auch später,
am #4. Juli, publizirt worden ist. Nachdem also Reichstag und
Bundesrath über die Sache sich bereits schlüssig gemacht hatten und
es außer Zweifel stand, daß dieses Bundesgesetz über das Genossenschafts-
recht werde publizirt werden, in demselben Augenblick beräth die Sächsische
Regierung mit ihren Ständen ein Landesgesetz über Genossenschaften und
rublizirt es uns dicht vor der Nase her, vor dem Bundezgesetz, nämlich am
14. Juni 1868 (es steht in dem Sächsischen Gesetzblatt Seite 315). Dieses
Gesetz ist unn überflüssig; soweit es mit dem Bundesgesetz übereinstimmt,
da war es ja nicht u#thig zwei Gesetze zu erlassen, da genügte das Bundes-
Hesetz allein; es stimmt eben mit dem Bundezgesetz nicht in allen Stücken
überein, sondern es hebt wesentliche Vorschriften des Allgemeinen Deutschen
Handelsgesetzbuches auf, dieses Allgemeinen Deutschen Handelzgesetzbuches,
von dem es damals auch bereits feststand, — feststand durch einen Beschluß
des Reichetages und durch cine Erklärung des Herru Präsidenten des Bundes-
kanzler-Amte, — daß es solle als Reichsgesetz publizirt werden. Und am
Vorabeude dieser Publikation ändert es einseitig die Königlich Sachsische
Regierung. Die Königlich Sächsische Regierung stellt in ihrem Landes-
gesetz für die eingetragenen Genossenschaften andere Voraussetzungen für den
Eintrag auf und ändert auch die Wirkungen des Eintrages, und zwar in
einer Art, daß die Genossenschaften wahrscheinlich sich uur auf sächsisch
werden eintragen lassen, und daß also das ganze Bundesgesetz dann nichts
ist als ein unnützes Stück Papier. So wird die Bundeggesetzgebung voll-
ständig labm gelegt; und in dem Augenblick, wo man das Alles thut, sendet
man Vertreter hierher, die uns anklagen, als hätten wir Alles das gethan,
was diejenigen Herren selbst gethau haben, die die Klagen führen. Ich frage
Sie, wie soll man ein solches Betragen zusammenreimen? Ich frage Sie,
was soilen wir denn überhaupt noch? Kann überhaupt noch ein Bundesver-
band lestehen, wenn noch weiter fortgegangen wird in dieser Richtung, und
hat man ein Recht sich über uns zu beklagen, während wir doch gewiß
angesichts dieser Dinge ein Recht hätten zu untersuchen, ob deun das, was
in Sachsen geschieht, mit dieser „Bundestreue“ im Einklang? stcht, die wir
ja iminer so sehr uns hier versichem hören von dieser Sächsischen Seite? —
Ich will den Weg der Gegenklage nicht weiter rerfoelgen; ich habe das Alles
angeführt, um zu konstatiren, daß wir es doch in der That nicht sind, die
Sachien vergewaltigen, sonderm daß Sachsen sich einer sehr großen Freiheit
in seiner Landesgesetzgebung erfreut und davon — ich will mich auch hier
wiedel ganz gelind ausdrücken — einen außerordentlich ausgiebigen Gebrauch
macht. Ich habe also deduzirt, daß die Einzelstaaten auf denjenigen Gebieten,
welche zur Kompetenz der (Gesetzgebungsgewalt des Bundes gehören, voll-
ständg freie Hand baben, so lange nicht das Bundesgesetz bereits crlassen
ist, und selbst wenn das Bundesgesetz erlassen ist, freie Hand haben
in allen deujenigen Diugen, die nicht innerhalb des Rahmene des Bundes-
gesetzes fallen und nech nicht von der Bundeggesetzgebung okkupirt sind.