1110 1869. Art. 4 Ziff. 13.
weise anführen. Es ist in dem letzten Landtage in Preußen ein Gesetz ge-
schaffen über die Ausstellung von gerichtlichen Erbbescheinigungen. Ich ver-
mag keinen Grund anzuerkennen, weshalb dieses Gesetz, welches in seiner
allgemeinen Richtung gewiß als höchst wohlthätig anerkannt werden muß,
nicht hätte für den ganzen Norddeutschen Bund geschaffen werden können.
Eine andere noch bedeutsamere Vorlage, das Gesetz über das Grundeigenthum
und das Hypothekenwesen, war zunächst nur für die Altpreußischen Prorinzen
bestimmt. Es verlautet nun, daß dasselbe jetzt für sämmtliche Preußischen
Lande bearbeitet werden soll. Wenn dieses möglich ist, dann vermag ich
wiederum nicht einzusehen, warum es nicht gleich für den Norddeutschen
Bund geschaffen werden könnte, und namentlich die Herren aus Sachsen
und Mecklenburg werden gewiß um so weniger Einwendungen in dieser Be-
ziehung erheben können, als dieses Gesetz nur die Grundsätze verwirklichen
soll, welche in ihren Ländern bereits seit Jahren bestehen. Wenn wir in
solcher Weise in der Bearbeitung einzelner Rechtsmaterien rüstig vorschreiten,
so werden wir weit besser und sicherer zu einem einheitlichen Rechte gelangen
als durch die Schaffung ganzer Gesetzbücher, welche stets etwas Bedenkliches
hat. Zu einen solchem Vorschreiten will uns der Antrag Miquel-Lasker den
Weg bahnen; und ich bitte Sie deswegen denselben möglichst einmüthig an-
zunehmen.
Abgeordneter Graf von Basewitz (Guoyen-Goldberg . [Mecklenburg-
Schwerin]’): Wir haben es hier mit einem Antrage zu thun, den ich nicht an-
ders bezeichnen kann als einen Antrag des Nimmerzufriedenseins; denn von den
Herren Antragstellern selbst ist bei der ersten Berathung kaum ein Versuch
gemacht, ein Bedürfniß für diese eminente Kompetenzerweiterung anders nach-
zuweisen, als durch ein Bedürfniß des Reichstages oder als ein Bedürfniß
der Herren, deren Idee über den Staat noch nicht erfüllt ist. Nun, meine
Herren, dem gegenüber muß ich aber doch immer wieder daran erinnern,
daß wir es mit einer bestimmten Bundesverfassung zu thun haben, und daß
es sich hier nicht um ideale Staatsformen handelt, und wenn von einem der
Vertheidiger dieses Antrages gesagt wurde: „wir haben den Bund geschaffen,
weil die Nation eines einheitlichen Körpers bedarf“ so erlaube ich mir daran
zu erinnern, daß überhaupt die Möglichkeit dieses Bundes, die Möglichkeit
dieser Verfassung nicht auf parlamentarischem Boden entstanden ist. Meine
Herren, die Berfassung, kann man glaube ich sagen, ist nicht durch die
Beschlüsse des konstituirenden Reichstages sondern trotz der Beschlüsse des
konstituirenden Reichstages zur Wirklichkeit geworden; zu Stande gekommen
ist sie durch das Vertrauen der Bundesfürsten zu der Vertragstreue Preußens.
Hätten die Bundesstaaten keine anderen Garantieen gehabt als die schwache
Zahl ihrer Vertreter hier im Hause und ihre Stimmen im Bundesrathe,
*) St. B. S. 648 l. o.