Bassewitz. 1111
dann wären die Bestimmungen über die Kempetenz des Bundes in der Ver-
fassung nicht die Ducckerschwärze werth gewesen, durch welche sie als gelten-
des Recht bekannt gemacht sind. Aber die anderen Bundesstaaten, die Deut-
schen Fürsten, durften annehmen, daß die vorher mit Preußen geschlossenen
Verträge auch einen Theil der Verfassung bilden sollten. Sie durften an-
nehmen und haben angenommen, daß jener Aufruf vom 18. Juni 1866 —
und ich nenne ihn einen Aufruf in ernster Stunde — daß dieser einen Theil
der Verfassung bildete, und darin wurde ihnen die Integrität ihres Gebiets
und ihre Soureränetät innerhalb der Grundsätze vom 10. Juni 1866 garan-
tirt. Meine Herren, vergleichen Sie die zehn Punkte von diesen Grund-
sätzen des 10. Juni 1866, und Sie werden bekennen, die Grenzen sind reich-
lich erfüllt. Wenn Sie das aber zusammen nehmen mit dem Artikel 23 der
Verfassung, dann glaube ich, kann man mit Recht sagen, daß solche Be-
schlüsse des Reichstages, wenn sie hier angenommen werden, dem Bundes-
tathe und vor Allem dem Herrn Bundeskanzler gegenüber lediglich den
Charakter einer Petition haben können. Wenn ich aber jetzt noch etwas auf
den materiellen Theil dieses Antrags eingehe, so will ich wegen des einen
Punktes, wegen der Gerichtsorganisation nur kurz daran erinnern, daß be-
reits bei der ersten Lesung hinreichend darauf hingewiesen ist, daß ein wesent-
licher Unterschied ist, ob dadurch, daß das Gerichtsverfahren dem Bunde über-
wiesen ist, indirekt durch allgemeine Grundsätze eine Einwirkung auf die
Organisation der Gerichte in den Bundesländern stattfinden kann, oder ob
man den einzelnen Ländem hier das Hoheitsrecht nimmt und den Organen
des Bundcs gewissermaßen die Berechtigung gicht in die Verwaltung ein-
zugreifen. Was aber den andern Theil des Antrags, die Ueberweisung des
sämmtlichen bürgerlichen Rechts an den Bund betrifft, so kann ich aller-
dings nicht beurtheilen, meine Herren, was Sie Alles darin begreifen und
was Sie darin begreifen würden, wenn der Antrag zum Verfassungsgesetz
gemacht würde. Ich glaube aber, es würde dahin kommen, daß Sie in
Bezug auf die Justizgesetzgebung überhaupt nichts mehr außerhalb der Kom-
petenz des Bundes liegend ansehen würden, und da ist es mir denn ziemlich
einerlei, ob Sie mir das abstreiten, daß Sie auf einen Einheitsstaat hin-
stenern, daß dies wieder ein Schritt zum Einheitsstaate ist, oder ob Sie
eben zugeben müssen, daß Sie den einzelnen Staaten alle Requisite nehmen
wollen, die zu dem Begriffe eines Staats gehören. Uebrigens würde ich
dem einen Antragsteller, dem Herrn Abgcordneten Migquel bei dieser Gelegen-
heit sehr leicht beweisen können, daß er gerade auf einen Einheitsstaat bei
dieser Gelegenheit wieder hinweist und hinsteuert, wenn ich eben seine Worte
nur einfach aus dem Stenographischen Bericht entmehme, worin er sagt: „Ein
Einzelstaat kann ohne nationales Recht auf die Dauer nicht bestehen. Dies
ist die wesentlichste Begründung meincs Antrages.“ Nun haben Sie freilich
gesagt und mehrmals wiederholt, es sei ja keineswegs die Idee, daß nun
heute, daß morgen oder daß vielleicht in den allernächsten Jahren ein kodi-