Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Planck. 1115 
unbedingt „fie schließen einen ewigen Bund, und dieser Bund wird folgende 
Verfassung haben.“ In dem Artikel 4 dieser Verfassung — nicht etwa 
in einem außerhalb der Verfassung stehenden Vertrage — sind nun die 
Gegenstände bezeichnet, auf welche sich das Gesetzgebungs= und Aufsichts- 
Recht des Bundes zunächst bezieht. Dann heißt es aber im Artikel 78: 
„Veränderungen der Verfassung erfolgen auf dem Wege der Gesetzgebung, 
nur müssen zwei-Drittel der Stimmen des Bundesraths dafür sein.“ — 
Einen Theil der Verfassung, die auf diesem Wege nach Artikel 78 soll ge- 
ändert werden können, bilden nun aber gerade die Bestimmungen des Ar- 
tikel 4 über die Kompetenz. Wenn Artikel 78 vorschreibt und zwar aus- 
nahmslos, daß jede Aenderung der Versassung auf dem in diesem Artikel 
vorgeschriebenen Wege erfolgen kann, so müssen auch die im Artikel 4 über 
die Kompetenz enthaltenen Bestimmungen auf diesem Wege geändert werden 
können. Wäre die Ansicht eine andere gewesen, so hätte der Artikel 78 noth- 
wendig anders lauten müssen, man hätte nothwendig eine Ausnahme hinzu- 
fügen, man hätte sagen müssen: „Aenderungen der Verfassung, jed och mit 
Ausnahme der im Artikel 4 enthaltenen Bestimmungen, können 
auf diesem Wege getroffen werden." Dadurch daß dies nicht geschehen ist, 
daß die Regel ganz ausnahmslos hingestellt und ganz allgemein gesagt ist: 
„Jede Aenderung der Verfassung soll auf diesem Wege erfolgen können“, ist 
so deutlich, wie möglich ausgesprochen, daß auch die Erweitemung der Kom- 
petenz auf diesem Wege soll erfolgen können. Man hat, und das ist nament- 
lich von dem letzten Herrn Vorredner geschehen, sich auf die Verträge be- 
rufen, welche der Verfassung vorausgegangen sind. Diese Verträge bilden 
aber nicht die Grundlage unseres jetzigen Rechtes; sie haben nur die Ein- 
leitung zu den Verhandlungen über die Verfassung gebildet. Nachdem diese 
Verhandlungen stattgefunden, ist an ihre Stelle eben die Verfassung getreten, 
oder wenn ich mich ganz auf den Vertragsstandpunkt der Herren stellen 
will, nachdem die Verhandlungen stattgefunden, haben die kontrahirenden 
Staaten an Stelle der früheren Verträge den neuen Vertrag geschlossen, 
durch welchen sie sich der Verfassung unterworfen haben, und zwar auch der 
Verfassungsbestimmung, daß jede Erweiterung der Kompetenz auf dem in 
Artikel 78 vorgeschriebenen Wege solle erfolgen können. Diesem wie mir 
scheint so klaren Wortlaute der Verfassung gegenüber können die aus den 
Reden einzelner Männer aus dem Preußischen Abgeordnetenhause und dem 
Herrenhause entnommenen Argumente nicht in Betracht kommen, und über- 
dies ist nachgewiesen, daß im konstituirenden Reichstage selbst von ver- 
schiedenen Seiten wiederholt betont worden ist, daß der Artikcl 78 den Sinn 
haben solle, den wir jetzt damit verbinden, und es ist damals von keiner 
Seite widersprochen worden. Ich meine also, daß diejenigen Einwendungen, 
welche behaupten, daß die Bundesgewalt nicht kompetent sei, eine Kompetenz- 
erweiterung eintreten zu lassen, völlig uubegründet sind. Etwas anders steht 
die Sache mit Artikel 23. Ich will es dahin Fgestellt sein lassen, ob die
	        
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