Twesten. Münster. 1139
hinaus an das zu mahnen, was die Zukunft vorbereiten und sichern kann.
In diesem Sinne, meine Herren, haben wir unsern Antrag gestellt.
(Bravol)
Grasf zu Münster (Herzberg-Hohnstein-Zeckerfeld)“): Meine Herren!
Wenn ich nach der gründlichen Begründung des Antrages durch meinen
Herrn Mitantragsteller doch auch das Wort als Antragsteller mir erbeten habe,
um den Antrag zu begründen, so habe ich es deshalb gethan, weil ich in
mancher Beziehung weiter gehe wie mein Herr Mitantragsteller. Mir wäre
ein Antrag lieber gewesen, der auf die Revision der Bundesverfassung im
Allgemeinen gerichtet gewesen wäre. Wenn ich nun diesen Antrag dennoch
gestellt habe, so habe ich es deßhalb gethan, weil ich die Hoffnung habe,
daß er zu demselben Resultat führen wird, nämlich zur Revision der Ver-
fassung. Denn ich glaube, daß, wenn dieser Antrag hier angenommen wird,
wenn er dem Bundesrath vorliegt, wenn der Bundesrath und die Fürsten
Deutschlands sich mit diesem Antrage beschäftigen, wenn sie der Frage der
Erekutive näher treten. — sie einsehen werden, daß gründliche Reformen durch-
aus nothwendig sind, daß eine föderative Verfassung wie die unfrige in
das monarchische Staatensystem nicht paßt, daß die Sxitze so vieler monar-
chischer Staaten eine monarchische sein muß, daß daraus nachher die Bun-
desministerien und alles Uebrige von selbst folgt. Ich halte es für ganz un-
möglich, daß die jetzige Verfassung von Irgendjemandem in und außerhalb
Deutschlands als etwas Abgeschlossenes betrachtet werde. Ich wünsche, daß
sie ausgebaut werde in verhältnißmäßig ruhigen Zeiten, und ich wünsche vor
Allem, daß sie ausgebaut werde durch den großen Staatsmann hier unter
uns, den Grafen Bismarck, und deßhalb bitte ich den Herrn Grafen Bis-
marck, den verehrten Bundeskanzler, diesen unsern Antrag als ein Vertrauens-
votum anzusehen, er ist als solcher gemeint. (Sehr gut!) (Nach einer Ver-
beugung des Herrn Bundeskanzlers Grafen Bismarck große Heiterkeit.) Meine
Herren, ganz ruhige Zeiten und einen dauernden Frieden werden wir über-
haupt nur dann haben, wenn unsere Deutschen Verhältnisse auf einer festen
Basis stehen. Ich weiß sehr wohl, daß unser jetziger Reichstag nicht mehr
ein konstituirender Reichstag ist. In mancher Beziehung sehe ich ihn aber
noch als konstituirenden Reichstag an. Der konstituirende Reichstag hatte
in erregten Zeiten und in einer verhältnißmäßig kurzbemessenen Zeit hier
große Aufgaben zu lösen, und er hat sie gut gelöst. Er hatte die Wehr-
kraft Deutschlands festzulegen auf festen Grundlagen, und er hatte die Grund-
züge zu unserer Verfassung niederzulegen. Dadurch, daß er unsere Armee
auf feste Grundlagen stellte, daß er die Bewilligungen auf längere Jahre
gesichert hat, daß er die Bewilligungen auf längere Jahre ausgesprochen hat,
hat er uns den festen Rahmen gegeben, innerhalb dessen wir das vaterläu-
St. B. S. 392 l. o.
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