1184 1869. Art. 17. Verantwortliche Bundesministerien.
tenz Außerordentliches erreicht haben, — heute schon eine Revision in toto zu
beantragen, das würde doch zu weit gehen! Der Herr Abgeordnete Twesten
sagt freilich, daß er diese Revision in toto nicht wolle, sondern daß er ge-
schäftlich nur die mehreren Ministerien statt eines Mannes hinstellen
wolle. Wenn er an die Arbeit geht, wird der Herr Abgeordncte sich über-
zeugen, daß er in der That in der Konsequenz ganz zu dem Endziele
kommt, welches ein Mitantragsteller, der Graf Münster näher auseinander
gesetzt hat. Meine Herren! Es ist gesagt, es sei ein Stillstand in unsern
öffentlichen Verhältnissen. Ich sehe nirgends einen Stillstand in den Din-
gen, die zur Kompetenz des Bundes gehören. Wenn Sie aber darin einen
Stillstand finden, daß wir nicht mit Macht über den Main gehen, und
daß wir die Einzelstaaten schonen in ihrer Selbstständigkeit, soweit sie ihnen
im Bunde gelassen ist, dann begrüße ich diesen Stillstand, denn ich bin
der Meinung, wir können unsere öffentlichen Verhältnisse in Deutschland
und in Europa nicht gründlicher zerstören, als wenn wir von der Note vom
7. Sextember abweichen und wenn wir in der Beschränkung der Einzel-
staaten weiter gehen, als das bereits geschehen ist! Es ist ron dem Sachfi-
schen Herrn Bundesbevollmächtigten mit Recht hervorgehoben, wie die ein-
zelnen Staaten unmöglich mit Freudigkeit in den Bundessachen arbeiten
könnten, wenn sie tagtäglich durch Anträge solcher Art in ihrer Existenz be-
droht werden. Das ist ein Gedanke, meine Herren, den wir uns, glaube
ich, zu Herzen nehmen sollten. Wir können, glaube ich, in der That ruhig
erwarten, was die Zeit weiter entwickelt. Ich für mein Theil bin aber
nicht mit dem Herrn Grafen Münster der Meinung, daß die Zeit uns den
Einheitsstaat bringen werde, ich denke vielmehr, daß die Zeit uns einen
auf wahrer Föderation begründeten Bundesstaat, der dann allerdings auch
seine verannvortlichen Minister haben kann und wird, bringen werde. — Ein
Einheitsstaat wäre das Grab Deutschlands!
Bundesberollmächtigter Minister von Watzdorf (Weimar):’) Ich darf
annehmen, meine Herren, daß das Hohe Haus vielleicht auch gern die An-
sicht eines der Vertreter der Kleinstaaten über die vorliegende Frage hört,
und habe deshalb um das Wort gebeten. Meine Herren, der Antrag selbst
ist wie Ihnen bekannt im Jahre 1867 hier und auch außerhalb des Hauses
inmitten der damals vereinigten Bevollmächtigten der befreundeten Re-
gierungen diskutirt und verneint worden. Darauf hin ist die Bundesver-
fassung zu Stande gekommen und ich verhehle nicht, es muß, wie auch
schon von Seiten des Regierungstisches ausgesprochen ist, einen schmerzlichen
Eindruck machen, wenn diese bochwichtige Frage jetzt nach 2 Jahren schon
wieder auf das Tapet gebracht und dadurch die Stellung der einzelnen
Staaten bedroht wird. Indessen ich lasse das auf sich beruhen und stelle
) Et. B. S. 108 I. m.