Lasker. 1191
Minister, selbst wenn sie so fleißig sind, wie mancher Minister in Preußen.
Das Bundespräsidium hat das Tarifwesen zu überwachen, das Telegraphen-=
wesen, über Krieg und Frieden zu entscheiden, Verträge mit fremden Staaten
vorzuberciten und vorläufig abzuschließen, das Konsulatswesen zu überwachen;
es hat die gesammte finanzielle Bundesverwaltung zu führen, für welche die
Entlastung sowohl vom Bundesrath, wie vom Reichstage gefordert werden
muß, so daß also eine Theilnahme des Bundesraths an diesen Geschäften
gar nicht denkbar ist; es hat die Initiative bei allen Militärgesetzen, für
welche die Verfassung den Schwerpunkt in das Bundespräsidium verlegt; cs
hat darüber zu entscheiden, wann der Reichstag, wann der Bundesrath be-
rufen, eröffnet, vertagt oder geschlossen merden soll; es hat die Bundesbeam=
ten zu ermennen oder zu beaufsichtigen; et hat in schleunigen Fällen die
Bundesexekution zu verfügen; — und vor Allem licgt ihm ob die gesammte
Staatsverwaltung und die Beaaufsichtigung aller Gesetze. Dies Alles ist
nicht Sache des Bundesraths, sondern Sache des Bundespräsidiums, der
Erxekutive, — derjenigen Exekutive, welche gegenwärtig gedeckt wird durch den
Bundeskanzler und nicht gedeckt wird durch den Bundesrath, welche wir in
Zukunft gedeckt zu sehen wünschen durch ein Ministeriuim. Meine Herren,
unsere gesammte Praxis — verschließen Sie sich doch nicht vor ihr! Wie
rielmal in der Session fassen Sie den Beschluß, dem Bundeckanzler dies
und jenes zu überreichen! Wir überreichen ihm unsere Beschlüsse zur Förde-
rung nicht als einem Bundesbeamten, sondern weil er hier als Stellvertreter
des Bundespräsidiums in unserer Mitte weilt, nicht weil er Mitglied des
Bundesraths ist, nicht weil er Vorsitzender des Bundevraths ist, sondern ihm
in seiner Eigenschaft als Vertreter des Bundespräsidiums an dieser Stelle.
Wenn dagegen heute entwickelt worden ist, daß viele dieser Dinge, von denen
wir gemeint haben, daß sie vom Bundeskanzler wahrgenommen werden, von
dem Ausschusse wahrgenommen werden, dann, meine Herren, ist eben der
Finger auf den wunden Fleck gelegt, den wir heilen wollen. Hierin liegt der
Beweis, welche Richtung unser Verfassungeleben nimmt, daß vielcs von dem-
senigen, was beabsichtigt war der Exekutive beizulegen, nunmehr auf den
Bundesrath und seine Ausschüsse übergegangen ist, — ein Gedanke, den wir,
wie Sie sich aus der Diskussion der Verfassung im konstituirenden Reichs-
tage erinnern werden, damalo weit von uns gewiesen haben. Wir waren so-
gar im Dunkel darüber, ob von irgend einer Seite beabsichtigt würde fort
und fort die Thätigkeit des Bundesraths auszudehnen. Meine Herren!
Wir stehen täglich beinah bei den Gesetzen, welche wir geben, vor der Frage:
wen sollen wir mit der diskretionären Gewalt betrauen, die nothwendig ist,
um die Gesetze in ihrem Geiste auszuführen? Wir stehen täglich vor dieser
Frage, und sind bei der heutigen Organisation gezwungen den Bundesrath
damit zu beauftragen. Dies liegt nicht von vorn herein in der Stellung
des Bundesraths. Denn der Bundesrath soll eben keine reine Exekutire sein.
Nur weil wir kein ausgebildetes Bundesministerium besitzen, — nur deswegen