Waldetk. 1211
hohen Census hatten, sehr, sehr theuer geworden, gerade weil, da Die großen
vorwiegenden Interessen vertreten werden, wenn eine solche Kammer wirklich
noch eine Art von Macht in Händen hat, ihr Votum oft sehr schwer für
das Ministerium zu erkaufen. Und gerade, wenn man sich fragt, warum
jene beide Dynastien gefallen sind, so wird ein großer Grund liegen in der
Art und Weise, wie damals die Vertretung regulirt war. Meine Herren,
es ist nun einmal so, die Interessen, die Wissenschaft, die Intelligenz finden
sich unter allen Klassen vertreten, das Volk muß sie suchen. Es kommt
gar nicht darauf an, daß der Mann gerade ein Reicher sei, um das Mandat
ausführen zu können. Es ist nicht die mindeste Garantie dafür, daß dieser
Reiche nun auch immer so votiren wird, wie es zweckmäßig ist. Aber auch
selbst das angenommen, die Erfahrung der letzten Tage hat uns ja gezeigt,
daß die Ausführung dieses Wahlgesetzes nur dahin führt, daß eine solche
Versammlung nicht so besucht wird, wie es mit einer andern der Fall ist.
Und sollen wir uns nun darüber wundern, meine Herren? Es eristirt in
dieser Versammlung das Recht der Gesetzgebung, das Recht der Steuergesetz-
gebung, das Recht der Budgetfestsetzung in dem beschränkten Maße, wie es
vorhanden ist. Aber das ist wohl klar, daß hier keine Versammlung eristirt,
die etwa aus ihrem Schoße, wie in England, ein Ministerium bilden, ein
Ministerium stürzen oder so etwas vornehmen könnte. Das ist schon um
deswillen klar, weil wir ein eigentlich verantwortliches Ministerium nicht
haben. Je weniger aber diese Macht einer Kammer vorhanden ist, um so
unzulässiger ist es gerade, daß man ihr Zusammensein in der Art gefährdet,
wie es hierdurch geschieht. Sie haben im Herrenhause die Erfahrung ge-
macht. Es ist Ihnen vorhergesagt worden damals von dem Abgeordneten
Reichensperger wie von dem Abgeordneten Twesten, daß es so kommen würde,
Sie haben den Beweis in Händen, daß es so gekommen ist. Es ist ganz
natürlich, daß nun die so gewählten Mitglieder, wenn sie das Oxfer bringen
sollen, was von ihnen verlangt wird, wohl mit sich zu Rathe gehen, ob sie
es zu bringen haben, und es ist so natürlich, daß dann wir noch viel mehr
in der Folge erleben werden dasjenige, was wir nun erlebt haben, nämlich,
daß dieser Rcichstag nicht in einer sehr vollzähligen Zahl zusammen ist.
Dagegen tröstet man sich vielleicht damit, die beschlußfähige Jahl herunter
zu setzen. Man spricht von dem Beispiel Englands. Da, meine Herren,
verkennt man ganz die Lage der Dinge; es hat eben damit nicht die geringste
Aehnlichkeit. Alles das, was in England möglicherweise dafür sprechen kann,
spricht hier dagegen und Sic vevnehren, wenn Sie dies tbun, die Zufällig-
keit, wie Gesetze zu Stande kommen, Sie vermehren dasjenige, was ohne-
hin vorhanden ist, daß leicht ein Gesetz zu Stande kommen kann, was nicht
der wahren Absicht der Mehrheit dieses Reichstags und erst recht der Mehr-
heit des Volks entspricht. Man muß durchaus daran festhalten, daß Der-
ienige, welcher diese Funktionen versieht, auch vollständig gleichgestellt ist — der
Eine mit dem Anderen, und daß Niemand verhindert sein soll, Einen zu