Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

1212 1868. Art. 32. Diäten. 
wählen, #n er gerade wählen will. Wird das nicht, so erleben wir die 
Nachtheile, die wir jetzt schon erlebt haben, noch viel mehr in der Folge. 
Nun, meine Herren, ich habe vielleicht schon zu viel darüber gesprochen. 
Wir können jene Abneigungen und jene principiellen Gegensätze, infofern sie 
etwa in feudalen Principien beruhen, als vollständig abweichend von dem 
modernen Staate einmal nicht widerlegen und besiegen, indem sie in den 
Wenigen, die sie noch theilen, zu tief wurzeln und auch durch die Inter- 
essen zu sehr befördert werden. Meine Herren, ich habe Ihnen also nur 
noch das zu sagen, wamm es gegenwärtig keineswegs inopportun, sondern 
erst recht an der Zeit wäre diesen Antrag setzt anzunehmen. Es ist von 
keiner Gefahr mehr die Rede: die Norddeutsche Bundesverfassung ist zu 
Stande gekommen. (s stehen jetzt nicht Wahlen bevor, es ist aber gerade 
die Mitte der Legislaturperiode ungefähr wenigstens nahe und die Wahlen 
konnen jeder Zeit bevorstehen. Es ist außerdem, wie ich gezeigt habe, selbst 
wenn man das jetzige Parlament annähme, nicht ohne Interesse die Frage 
zu entscheiden. Wie sie dann würde ausgeführt werden, das würde natürlich 
zunächst auch Sache des Bundesraths sein. Wollten wir aber von dieser 
Forderung jemals ablassen, wollte jemals die Majorität dieses Hauses, die 
damals nur einem Druck nachgab, der jetzt nicht vorhanden ist, dieses Prinzip 
annehmen, was von jenen Herren theils indirect, theils direct gesagt worden 
ist, dann glaube ich allerdings, daß dieser Reichstag auf einen Ausban der 
Verfassung, auf eine Fortbildung des Norddeutschen Bundes außerordentlich 
wenig Anspruch haben wird. Ich glaube allerdings, daß die jetzige Zeit es 
doch wohl überall, Sie mögen Ihre Blicke hinwenden wo Sie wollen, Jedem 
der sehen kann, klar in die Hände giebt, daß das nur durch die vollste Gel- 
tung der constitutionellen Freiheit, nur dadurch gerade der Preußische Staat 
und der Norddeutsche Bund zu der großen Geltung gelangen kann, die ihm 
gebührt, und daß er diese Geltung im Volke nicht erlangen wird und nicht 
erlangen kann, wenn er es auch nur zweifelhaft läßt, ob er irgend mit rück- 
länfigen Tendenzen, ob er mit feudalen oder reactionären Tendenzen sympa- 
thifiren könne. Der Minister von Friesen, als er zum erstenmale über dae 
allgemeine Wahlrecht sprach, sagte: ich liebe das allgemeine Wahlrecht nicht, 
aber ich weiß nichts Anderes an die Stelle zu setzen. Sehen Sie, das ist 
allerdings ein großes Wort und das habe ich von allen Andern auch gehört. 
Sie wissen nichts Anderes an die Stelle zu setzen, Sie haben damit das 
Richtige gefunden. Ist das wahr, wissen Sie auch bis heute nichts Anderes 
an die Stelle zu setzen, so verderben Sie dasjenige, was Sie anerkannt 
haben, nicht durch etwas, was Sie ganz willkürlich hineinsetzen, was weder 
sonst im Preußischen Abgeordnetenhause, noch in den andern Verfassungen, 
die in der modernen Zeit ihr Leben erhalten haben, irgendwie gilt, wae, 
wenn es Geltung hätte, nur auf corporativem Interesse beruhte, was selbst 
in den Provinzialständen keine Anwendung findet, und was auf einer leeren 
Furcht beruht. Derselbe Herr Bundes-Commissarius stellte es damals in
	        
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