Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

1234 1868. Art. 32. Diäten. 
sagen: was haben die Regierungen für ein Interesse, — wenn ihnen daran 
liegt, den kaum gestifteten Bund zu erhalten — jetzt die Fundamente, die 
wir dafür vor kaum einem Jahre durch Uebereinkupft gelegt haben, in Frage 
zu stellen und daran zu rütteln? Vor diesem Rütteln an den Fundamenten 
warnc ich Sie, meine Herren, in unser Aller Interesse. Die Einrichtungen 
sind noch nicht so fest gewachsen, haben noch nicht so tiefe Wurzeln ge- 
schlagen, daß wir heut zurücknehmen und in Frage stellen dürften, was wir 
vor einem Jahre nach einem mühsamen Compromisse zu Stande gebracht 
haben. Wer das Ansehen der Compromisse nicht ehrt, der ist für eine 
constitutionelle Verfassung überall nicht reif; denn das Verfassungsleben 
bestcht aus einer Reihe von Compromissen, diese heute zu geben und 
morgen zurücknehmen, ist keine constitutionelle Politik! (Lebhaftes Bravo 
rechts.) 
Dr. Waldeck als Antragsteller: Meine Herren, es ist mir vorgeworfen, 
daß ich keine neuen Gründe vorgebracht habe. Ich halte das für einen Vor- 
zug der Sache, die ich vertrete, daß sie schon so gut mit Gründen vertheidigt ist, 
daß ich wirklich nicht gewußt hätte neue Gründe vorzubringen. Ich kann 
dann auch sagen, daß ich keine neuen Gegengründe habe vorbringen hören, 
es sind durchaus dieselben, die ich schon vorhin autizipirt hatte. Ich möchte 
daher nur auf einige Dinge erwidern und zwar zunächst auf den Vorwurf, 
den der Herr Bundeskanzler gegen uns insofern erhoben hat, daß wir das 
Compromiß brächen, was im vorigen Jahre geschlossen wäre. Meine Herren, 
brechen wir denn ein Compromiß, brechen wir eine Verfassung, wenn wir 
unsererseits einen Verbesserungsvorschlag machen? Hat nicht die Bundes- 
regierung das in ihrer Hand und gilt nicht im Bundesrath sogar eine 
Zweidrittel-Majorität, wenn er in Verfassungsäuderungen zu willigen hat? 
Daron ist gar nicht die Rede, daß, wenn man Verbesserungsvorschläge macht, 
man deshalb das Bestehende nicht anerkennte. Im Gegentheil, wer das Be- 
stehende nicht anerkennt, der wird auch keine Verbesserungs-Vorschläge machen. 
Soll aber verbessert werden, so muß von einer Seite der Antrag geschehen 
und Derjenige, den die Sache zunächst angeht, das ist der Reichstag. Von 
dem Reichstag also muß hier die Initiative ergriffen werden, wenn davon. 
die Rede ist, Rechte des Reichstages wieder herzustellen, die sonst in allen 
constitutionellen Verfassungen, Deutschlands wenigstens, hergebracht sind. 
Und, meine Herren, um hieran gleich anzuknüpfen, ich habe „Deutschlands“ 
gesagt; es wird immer bei solchen Gelegenheiten auf England, jetzt auch auf 
Italien verwiesen, und es wird dann natürlich immer außer Acht gelassen 
(wie ich schon zuerst sagte) die gänzliche Verschiedenheit der Lage. Der Ab- 
geordnete von Hemig hat schon heworgehoben als Folge des Diätenmangels 
die Herabsetzung der beschlußfähigen Zahl sie ist in England zu ertragen. 
*.) St. B. S 59 l. g. o.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.