1268 1871. Art. 78. Lasker.
wenn ich das Haus richtig verstanden habe, was Ihre Initiative betrifft,
eigentlich für keinen Artikel der Verfassung beabsichtigt gewesen ist. Eine
sachliche Aenderung sage ich — der Herr Vorredner hat für die Richtigkeit
dieser Behauptung meines (rachtens den schlagendsten Beweis geführt; die
Fassung, wie sie jetzt vorliegt, läßt die ganze Frage offen; die Fassung, wie
sie der Herr Vorredner vorschlägt, entscheidet, daß nur die von ihm hervor-
gehobenen Rechte und nur die von ihm hervorgehobenen Personen durch die er-
wähnte Bestimmung betroffen werden sollen. Nun scheint mir aber, meine Herren,
indem ich noch beifüge, daß ich der Auslegung des Herrn Vorredners beizu-
stimmen in keiner Weise berechtigt bin, daß auch die jetzige Diskussion nicht
geeignet ist, um die Frage, ob der Herr Vorredner wirklich nach allen Rich-
tungen erschöpfend redigirt hat, zu approfondiren und in entsprechender Weise
zur Erledigung zu bringen. Ich habe das größte Vertrauen, daß bei den
Absichten, die bisher zu wiederholten Malen dokumentirt worden sind, dem
Hause die Ablehnung des Antrages am meisten entspricht.
Tosker’'): Meine Herren! Aus der Auseinandersctzung des Herrn
Vertreters des Bundesraths ist mir das Wichtigste seine Erklärung, daß
durch die jetzige Aufnahme des Satzes in die Verfassungsurkunde nichts An-
deres ausgedrückt werden soll, als was wir seit jeher für Norddeutsches Bun-
desrecht gehalten haben. Die Geschichte des zweiten Absatzes im Artikel 78
besteht darin, daß ursprünglich in den Verhandlungen, welche den baierischen
Verhandlungen vorausgegangen sind, protokollarisch festgestellt war, es sei
selbstverständlich, daß solche Bestimmungen, welche zu Gunsten eines einzelnen
Staates stipulirt werden, nur mit Zustimmung dieses Staates wieder ab-
geändert werden konnen. Es handelte sich um cine logische Interpretation,
und aus dieser logischen Interpretation haben nun die Unterhändler des
baierischen Vertrages, die überall sehr vorsichtig zu Werke gegangen sind und
lieber verbrieftes Recht als Logik haben wollten, den Satz in Vertragsstil
umgestaltet und darin als Beispiel aufgeführt, daß zum Beispiel das Mili-
tär-Budgetrecht Baierns nicht abgeändert werden könne, außer unter Zu-
stimmung dieses Staats. Die generelle Bestimmung lautet allgemein, und es
ist blos der Aufklärung wegen dem baierischen Vertragsrecht ein Beispiel zu-
gefügt worden. Nun ist, wie wir Alle wissen, der jetzige Vertreter des
Bimdesraths bei dem Abschluß der baierischen Verträge erheblich betheiligt
gewesen, und ich finde durch die heutige Erklärung bestätigt was ich immer
angenommen habe, daß auch der baierische Vertrag kein neues Recht schaffen
sollte, sondern blos in logischer Interpretation das, was vorher schon bestimmt
war, umgearbeitet hat in eine solche Fassung, wie sie zu einem Paragraphen
sich gestalten läßt. Ich habe den Herrn Vertreter des Bundesrathe richtig
verstanden, als er sofort damit begann, der zweite Absatz des Artikels 78 sei
*“) St. B. S. 161 r.