1270 1871. Art. 78.
verstanden, wie der Abgeordnete Lasker sie interpretirt. Vielmehr habe
ich wohl gefühlt, wie bei den Verträgen die Verbriefung des logischen Satzes,
wie Herr Lasker sich ausgedrückt, eine sehr bestimmte Bedeutung hatte. Die-
selbe hatte eine starke Bedeutung gegenüber dem Geschäfte der Herren Ab-
geordneten Lasker und Miquel die Einzelstaaten in ihren Kompetenzen zu
beschränken. Ich beschränke mich darauf, diesen Satz bestimmt hier auszu-
sprechen, da ich keine Konseqguenz gezogen wissen will aus dem, was die
Herren Hänel und Lasker heute gesagt haben. Wenn Herr Lasker meint,
daß das, was ich sage, nicht für die übrigen Mitglieder des Hauses gelten
würde, so antworte ich ihm, wie ich erwarten muß, was die andern Mit-
glieder des Hauses zu dieser seiner Ansicht sagen. Wir befinden uns übrigens
ja nach Laskers Meinung jetzt in einem Ruhepunkte und deshalb werden die
hier berührten Fragen in dieser Diät schwerlich praktisch. Diejenigen, die
nach uns kommen, käönnten vielleicht auch auf meine Stimme etwas mehr
Gewicht legen als Herr Abgecordnete Lasker und etwa ein Theil seiner
Parteigenossen.
Dr. Hänel'"): Meine Herren, auf jeden Fall geht aus der Erklärung,
die wir eben gehört haben, soviel hervor, daß man sich in Bezug auf das
hier behandelte Alinea 2 alles Mögliche für die Zukunft vorbehält. Grade
dieses Vorbehalten zu beseitigen, war diejenige Absicht, die ich bei der Stellung
meines Antrages hegte. Wenn der Herr Vertreter des Bundesraths vorhin
gesagt hat, daß ich mich in der Behauptung geirrt habe, dieses Alinea 2
des Artikels 72 habe nicht im Vertrage mit Baiern gestanden, so bin ich
falsch gehört worden. Ich habe vorhin gesagt: dieses Alinea 2 hat in keiner
Verfassungsurkunde gestanden. Sie wissen, meine Herren, die verschiedenen
Verfassungsurkunden sind ja festgestellt worden in den Verträgen mit Baden
und Hessen und sodann in dem Vertrage mit Baiern unter Nr. II. und III.
Ich habe grade gesagt, diese Bestimmung finde sich nur im Protokoll und
in Vertragenummern, also im baierischen Vertrage unter Nr. V., nicht aber
unter jenen Nummern, welche den Verfassungstert im baierischen Vertrage
feststellen. Insofern bleibe ich also bei der Behauptung: die Hinzufügung
dieses Alinea 2 ist eine Herübernahme von Vertragsbestimmungen in den
Verfassungstert. Es liegt also hier eine materielle Veränderung vor, die zu-
erst der Bundesrath gemacht hat. Wenn mich nun Herr Lasker darauf ver-
weist, daß es ja keinem Zweifel unterliegen könne, daß eine solche aus den
Verträgen oder Protokollen in dic Verfassung herübergenommene Bestimmung
keine andere Auslegung finden dürfe, als diejenige ist, die an dem ersten
Orte mit ihrer Fassung möglich war, so will ich das gern zugeben. Dann
aber fehlt nur jeder und aller Grund, um diese Bestimmung aus den Ver-
trägen herüberzunehmen in die Verfassungsurkunde. Dann würde gerade
*) St. B. S. 162 l. g. u.