II. Außerordentliche
Session
des Norddeutschen Reichstages von 1870.
Genehmigung der Verfassungs-Verträge mit den süddeutschen
Staaten.
Bei der Eröffnungssitzung am 24. November 1870 im Weißen Saale
rerlas der Präsident des Bundeskanzleramts, Staatsminister Delbrück,
nachfolgende Thronrede’).
„Geehrte Herren vom Reichstage des Norddeutschen Bundes!
Seine Majestät der König von Preußen hat mir den Auftrag zu er-
ttcilen geruhet, den Reichstag des Norddeutschen Bundes im Namen der
derbündeten Regierungen zu eröffnen.
Es würde Seiner Majestät zu hoher Befriedigung gereicht haben, heute
Ihrer Mitte zu sein, um an dieser Stelle Gott für die Erfolge zu danken,
mit welchen die Waffen der deutschen Hecre gesegnet worden sind und um
Inen auszusprechen, welchen Antheil die nationale Haltung und die Ein-
müthigkeit des Reichstages bei Bereitstellung der, zur Führung des Krieges
cnerderlichen Mittel an diesen Erfolgen gehabt haben. Durch die in der
Aniegegeschichte beispiellosen Siege, welche nach Gottes Willen die helden-
mutbige Tapferkeit und die einsichtige Führung der deutschen Heere erfochten
baben, ist der Angriff, den Frankreich im Juli auf Deutschland unternahm,
mückgeworfen worden. Das französische Volk muß die Ueberzeugung ge-
wennen haben, daß seine jetzige Kriegsmacht, nach der Vernichtung der gegen
uns aufgestellten Heere, der geeinten Wehrkraft Deutschlands nicht gewachsen
in. Wirkönnten daher den Abschluß des Friedens als gesichert betrachten,
venn unser unglückliches Nachbarland eine Regierung hätte, deren Träger
idre eigene Zukunft als untrennbar von der ihres Landes betrachteten. Eine
selbe Regierung würde jede Gelegenheit ergriffen baben, die Nation, an
deren Spitze sie sich aus cigener Machtvrollkommenheit gestellt bat, zur Wall
*) Sl. B. S. 1 f.
Aterialien III.