Erö#ffnungs. Sitzung 1870. 131
den Völkern erhalten bleiben werden, welche sich derselben bisher erfreut
haben.
Die Fortdauer des Krieges hat eine friedliche Arbeit nicht verhindert.
Das Gefühl der Zusammengehörigkeit, welches durch gemeinsame Gefahr
und durch gemeinsam erkämpfte Siege belebt ist, das Bewußtsein der Stellung,
welche Deutschland zum ersten Male seit Jahrhunderten diuch seine (Einigkeit
errungen hat, die Erkenntmiß, daß nur durch Schöpfung dauernder Institu-
tienen der Zukunft Deutschlands das Vermächtniß dieser Zeit der Opfer und
der Thaten gesichert werden könne, haben schneller und allgemciner, als noch
vor Kurzem denkbar erschien, das dentsche Volk und seine Fürsten mit der
Ueberzeugung erfüllt, daß es zwischen dem Süden und Norden eines festeren
Bandes bedürfe, als der völkerrechtlichen Verträge. Diese unter den Regie-
wungen einhellige Ueberzeugung hat zu Unterhandlungen geführt, als deren
erste, auf dem Felde des Krieges erwachsene Frucht Ihnen eine, zwischen dem
Norddeutschen Bunde, Baden und Hessen vereinbarte, vom Bundesrathe ein-
stimmig angenommene Verfassung eines Deutschen Bundes zur Genehmigung
rergelegt werden wird. Die auf gleichen (zrundlagen mit Bayem getroffene
Verständigung wird ebenfalls Gegenstand Ihrer Berathungen werden, und
die Uebereinstimmung der Ansichten, welche mit Württemberg über das zu
erstrebende Ziel besteht, läßt hoffen, daß eine gleiche Uebereinstimmung über
den Weg zum Ziele nicht auebleiben werde.
Sie werden, geehrte Herren, mit diesem Werke eine Thätigkeit würdig
abtschließen, wie solche wenigen gesetzgebenden Versammlungen vergönnt ge-
wesen ist. In wenig mehr als drei Jahren haben Sie durch eine lange
Reibe wichtiger, in die verschiedensten Verhältnisse des Volkslebens tief ein-
Frrifender Gesetze den Ihrer Mitwirkung anvertrauten ersten Ausbau der
Bundesrerfassung fördern helfen und durch die letzte, vor dem Ablauf Ihrer
Amtsdauer Ihnen zugehende Vorlage soll diese Verfassung und sollen die
auf derselben beruhenden Gesetze über die Grenze ausgedehnt werden, welche
disber unfre süddeutschen Brüder von uns schied. Der große nationale Ge-
danke, welcher sie stets bei Ihren Berathungen leitete, wird durch die letzte
Berathung, zu welcher Sie zusammentreten, so Gott will, um einen entschei-
denden Schritt seiner vollen Verwirklichung näher geführt werden.
Das Kanzleramt des Norddeutschen Bundes theilte dem Norddeutschen
Reichstage den über den Beitritt von Baden und Hessen am 15. Novem-
der abgeschlossenen Vertrag mit Schreiben vom 24. November’), den über
den Beitritt Württembergs am 25. November abgeschlossenen mit Schrei-
ben vom 28. November“’'), endlich den über den Gintritt Bayerns am
*) Drucks. Nr. 6.
"“) Drucks. Nr. 9. vergl. die Bemerkung des Präsidenten Dr. Simson in der
u. Sitzung vom 28. November 1370. St. B. S. 25 r. 3. u.