Generaldebatte Delbrück. 133
dingt mit der Verfassung auch deren Eingang. Die Aenderungen nun,
welche die Bundesverfassung erhalten hat, glaube ich in allen ihren Einzel-
heiten hier bei der Generaldiskussion nicht motiviren zu sollen; ich glaube
mich darauf beschränken zu dürfen, die wesentlichsten und eigentlich charak-
teristichen daron hervorzuheben; diese aber auch glaube ich soweit besprechen
zu müssen und, ohne der Sxecialdiscussion vorzugreifen, besprechen zu dürfen,
als es zur Klarlegung des Gedankens nothwendig ist. Die Aenderungen,
welche die Bundesverfassung erbalten hat, charakterisiren sich in der Haupt-
sache dahin, daß der föderative Charakter der Bundesverfassung verstärkt ist.
Es konnte das in der That bei einer Verhandlung, die von Thatsachen, von
aktuellen Verhältnissen ausging, nicht anders sein. Die Staaten, die dem
Bunde zutreten, gehören sämmtlich zu den größeren; der größte dieser Staaten
hat nicht sehr viel weniger Einwohner, wie sämmtliche Staaten des Nord-
deutschen Bundes mit Ausnahme Preußens; ihm reihen sich, wenn auch ge-
ringeren Umfangs, die anderen Staaten an. Es liegt in der Natur der
Sache, daß der Beitritt größerer Staaten zum Bunde das föderatire Element
in der Bundesverfassung nothwendig verstärken mußte, und daß, wenn man
überhaupt den Anschluß der süddeutschen Staaten wollte, es ohnc Anerkennung
ker berechtigten Seiten dieses Elementes nicht geschehen konnte. Im Einzelnen
tritt dies zunächst bei einem der wichtigsten Punkte hervor, bei der Regelung
des Bundeskriegswesens. Gerade an diesem Punkte glaube ich wieder an
die Verhandlungen erinnern zu dürfen, die im Jahre 1867 hier stattfanden.
Der erste Redner, der damals zur Generaldiskussion sprach, dessen beredte
Stimme zu unser Aller Schmerz verstummt ist, der damalige Abgeordnete
für Reichenbach, hob es als einen Vorzug des Verfassungsentwurfs hervor,
daß er Modifikationen nach verschiedenen Seiten hin offen lasse, daß er Mo-
difikationen in einer Form namentlich offen lasse, welche den Regierungen
die Möglichkeit gewähre, durch Sonderstipulationen über die militärischen
Verhältnisse der vollständigen Absorbirung durch die Centralgewalt zu ent-
gehen; er hob dies hervor in besonderem Hinblick auf den auch von ihm leb-
baft gewünschten Anschluß der süddeutschen Staaten. Der Gedanke ist un-
zweifelhaft ein vollkommen richtiger; es kann auf diesem Gebiete — und es
ist das auch schon in dem bestehenden Bundesverhältniß geschehen — es kann
auf diesem Gebiete der Sonderstellung der einzelnen Staaten Rechnung ge-
tragen werden und in ziemlich weitgehender Art, ohne das, worauf es an-
klemmt, nämlich die Einheit des Bundesheeres, zu gefährden. So ist es auch
in den hier vorliegenden Verträgen geschehen. Die Grundlogen der Bundes-
kriegs-Verfassung: die allgemeine Wehrpflicht ohne Stellvertretung, die Dauer
der Wehrpflicht in dem stehenden Heere, in der Reserve und in der Land-
wehr, die Bestimmung der Friedenspräsenzstärke — diese allgemeinen Grund-
lagen find allseitig dieselben. Auf diesen Grundlagen herauf ist aufgebaut,
auch rollständig übereinstimmend, die Organisation, die Formation und die
Ausbildung. In der Ausbildung steckt zugleich der Präsenzstand sämmtlicher