Generaldebatte Delbrück. 137
erhalten, welche man bei dem Uebergange auf den Bund für gefährdet hielt;
man wünschte Beamten-Organisationen zu erhalten, an die man schon seit
langer Zeit gewöhnt war. Es konnte diesen Wünschen füglich und ohne
Schaden für die GEinheit und Gemeinsamkeit nachgegeben werden, da sowohl
Baiern wie Würtemberg darüber nicht im Zweifel waren, daß die Gesetz-
gebung des Bundes in allen diesen Angelegenbeiten, sobald sie sich nicht
lediglich auf die internen Verbältnisse Baierns und Würtembergs hinsichtlich
des Portos bezieht, daß die Gesetzgebung über diese Angelegenheiten sich auf
beide Staaten zu erstrecken habe. Ich bemerke hierbei, daß die bezüglichen
Verabredungen in dem Vertrage mit Baiern und in dem Vertrage mit
Würtemberg nicht miteinander tertuell übereinstimmen. Es gehört dies eben
iu den Inkongruenzen, welche die Verhandlung an zwei verschiedenen Orten
berbeifübrt. Es bat nicht in der Absicht gelegen, sachlich durch die eine
Fassung etwas Anderes zu sagen als durch die andere. Baiern allein hat
sich endlich noch zwei Vorbehalte gemacht, den einen in Beziehung auf die
Vorschriften des Titels über die Eisenbahnen, welche eigentlich reglementärer
und administrativer Natur sind. Der Vorbehalt beruhte darauf, daß es sich,
in Baiern um ein im Großen und Ganzen völlig geschlossenes Gebiet handelt,
in welchem Gebicte neben der Staatsrerwaltung nur eine einzige Privat-
Eisenbahn besteht, uud daß man wünschte, sich in Beziehung auf die Re-
gelung dieser administrativen Verhältnisse freie Hand zu halten. Der zweite
Verbehalt wiegt schwerer, er findet seinen Ausdruck darin, datz von den Ge-
genstinden der Beaufsichtigung und Gesetzgebung ded Bundes für Baierm
ausgeschlossen ist die Bestimmung über Heimaths= und Niederlassungs-Ver-
bältnisse. (Ruf: Sehr richtig!) Meine Herren, in Baiern hat bis vor zwei
Jabren rechts des Rheins in Beziehung auf diese Materie eine Gesetzgebung
bestanden, welche sich von der in dem größten Theile des übrigen Deutsch-
lands bestehenden sehr wesentlich unterschied, welche der freien Bewegung un-
gemein starke Fesseln anlegte und welche, wie man jetzt auch wohl in Baierm
daven überzeugt ist, entschieden nicht zum Heil des Landes diente. Vor zwei
Jahren hat man eine vollkommen neue Gesetzgebung in dieser Materie
erlassen; diese sogenannte Socialgesetzgebung ist eben erst eingeführt, ihre Re-
sultate sind bisher günstig gewesen, und man tiug in Baiern Bedenken, den
Bestand und die Ergebnisse dieser eben erst ins Leben getretenen Gesetzgebung
durch die Annahme der im Bunde erlassenen und in dem wichtigsten Theile
im Bunde noch nicht einmal ausgeführten Gesetzgebung in Frage zu stellen.
Es war dies ein Bedenken, welches sich unüberwindlich zeigte, und welches
zu dem Ausschluß dieses Gegenstandes führte. Meine Herren, ich habe bieher
eine Reihe mebr oder minder wesentlicher Aenderungen der bestehenden Bundes-
verfassung zu erwähnen gehabt; ich kann zum Schluß mit einer Befriedi-
gung, welche, wie ich glaube, der Reichstag theilen wird, auf den letzten
Antikel des Verfassungsentwurfs übergehen, auf den Artikel 80. Durch diesen
Artikel wird eine sehr lange Reihe von Gesetzen, in der That mit einer oder