Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

164 1870. Verträge 
wendigkeit liegt das Wesen des föderativen Prinzips. Täuschen wir uns 
nicht darüber, — auch die Baiern werden sich darüber gewiß nicht täuschen 
— Alles, was sie erreicht haben, mag eine gewisse augenblickliche innere Be- 
ruhigung geben, Sicherheit giebt es nicht — sie, wie wir, sind mediatisirt 
und die Hindernisse, die sie dagegen noch gelegt haben, in denen sie sich eine 
Sicherheit verschafft zu haben glaubten, sie werden wie vor dem Winde zer- 
stäuben! Meine Herren, Treitschke hat uns verkündigt, daß man den Bun- 
deostaat annehme; ist das wahr, dann erwarte ich aus den Reihen seiner 
politischen Genossen jetzt den Angriff auf den Artikel 78, wie man ihn stellen 
will. Es hat Herr Bamberger von seiner Partei gesagt, das Nationale wäre 
gestrichen und nun ginge der Liberalismus an. Wenn das wahr ist, dann 
helfen Sie wenigstens, daß die Bestimmungen der preußischen Verfassung, 
die Grundrechte betreffend, hier ausgenommen werden. So wie die Dinge 
jetzt liegen, halte ich die Verfassung, die vorgelegt ist oder vielmehr dieses 
Konglomerat von Verträgen, Protokollen und Verhandlungen für etwas Un- 
verdauliches und meine, wir müßten nothwendig dahin kommen, in den 
Richtungen eine Vervollständigung der Vorlage uns zu erbitten, die ich zu 
bezeichnen mir erlaubt habe. Und nun danke ich Ihnen für Ihre Geduld. 
Tasker (Elsfeld-Sonneberg (Meiningen)"): Meine Herren, als der 
Herr Abgeordnete Windthorst seine Rede begann, glaubte ich wirklich, er stelle 
an den nachfolgenden Redner die Aufgabe, ihm einige Bedenken aus dem 
Sinne zu schlagen, damit er die ihm zusagende Verfassung annehmen könne, 
und es begann darauf eine Reihe so federleichter Einwendungen, daß ich es 
mit der bekannt sehr geschickten Führung der Diskussion des Herrn Ab- 
geordneten in Verbindung bringend, für einen Scheinangriff hielt, welchen 
er mit so schwachen Kräften machte, um nachträglich als besiegt sich bekennen 
zu müssen und für die gegenwärtige Verfassung zu stimmen, welche ihm als 
eine födcrative willkommener sei. Ich bekenne aber, daß der Herr Abgeord- 
nete in dem weiteren Fortgang seiner Rede der Verfassung Hindernisse zu 
bereiten suchte, auf jeder Seite dieses Hauses, weit außerhalb dieses Hauses, 
in Süddeutschland bei seinen Parteigenossen, (Sehr richtig!) und endlich so- 
gar im Auslande, in Oesterreich. (Sehr wahr!) Hier in diesem Hause hat 
er mit der an ihm bekannten Geschicklichkeit jeder Seite etwas Angenehmes 
gebracht; (Heiterkeit.) merkwürdiger Weise ist seiner feinen Beobachtung ent- 
gangen, daß die Anmfung des Herrenhauses dieses Mal keinen so lebhaften 
Wiederhall herworruft. Sodann hat er der linken Seite des Hauses das ver- 
antwortliche Ministerium angeboten, der Rechten das Oberhaus, den Bayern 
und Allen, welche sich für das Vereins= und Preßwesen sehr interessiren, den 
grundrechtlichen Schutz der Preßfreiheit. Jetzt tritt der Redner für die kon- 
servativen Gedanken sehr lebhaft ein, dann wieder für die liberalen Forde- 
rungen, und endlich sogar für den Rechtsstaat, für das unbeugsame Recht, 
9 St. B. S. 81 l. g. o. 
 
	        
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