Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Generaldebatte. Lasker. 175 
ständig souveräne Völker deutscher Nation sein, die Fürsten wollen nicht 
mehr vollständige Soureräne ihres einzelnen Gebietes sein, sondern wir, die- 
selben Bürger, erscheinen als Theile des souveränen Volkes in Deutschland, 
und dieselben Fürsten erscheinen als souveräne Fürstlichkeit wiederum in 
Deutschland. Also schrecke man nicht mit den Worten: es werden die ein- 
zelnen Staaten mediatisirt. Wer gemeint hat, daß ein Bundesstaat sich auf- 
richten lasse ohne eine derartige Mediatisirung, der hat über diesen Begriff 
bis jetzt noch nicht gehörig nachgedacht. (Zustimmung.) Wir aber haben 
schon bei Gelegenheit der Errichtung des Norddeutschen Bundes uns darüber 
ausgesprochen, daß wir zwar im Einzelnen untergehen, aber im Großen weit 
herrlicher wieder auferstehen. Und ich frage die Mitglieder des Norddeutschen 
Bundes, ich frage die Regierungen selbst, ob sie nicht innerhalb dieses Saales, 
ob sie nicht innerhalb des Bundesrathes eine Bedeutung in den letzten drei 
Jühren erlangt haben, die sie nie und nimmermehr vor der Stiftung des 
Norddeutschen Bundes gehabt haben. (Lebhafter Beifall.) Ich darf diese 
ürage an die Vertretungen Sachsens und Mecklenburgs richten und ich bin 
sicher der Antwort, daß sie in dem Arntheil, welchen sie an den deutschen 
Dingen gehabt, weit bedeutender dagestanden haben, als wenn sie in voller 
Souveränität ihrer abgeschlossenen Gebiete geblieben wären. Dasselbe wird 
der Fall sein in dem vollen deutschen Bund. Denn das eben ist die Eigen- 
thümlichkeit deutscher Einheit, daß wir keinem einzigen Gliede Abbruch thun, 
sondern daß wir neue Kraft erzeugen, Wohlthaten schaffen, ohne Nachtheil 
für den Einzelnen. Meine Herren, ich bin unbedingt bereit, die Ausdehnung 
der Kompetenz auf das Preß= und Vereinswesen anzunehmen. Ich habe 
wirklich für Freiheitsfragen und für Grundrechte ein ebenso lebhaftes und 
empfindliches Gefühl, wie der Herr Abgeordnete Windthorst, aber ich bin 
nicht allzu besorgt, wenn es sich darum handelt, daß die deutsche Gesetzgebung 
ctwas in die Hand nehme und es den einzelnen Staaten entziehe. Ich lege 
das Bekenntniß hier ab, welches vielleicht nicht alle meine politischen Freunde 
theilen, daß ich, wenn es sich um Ausdehnung der Kompetenz des Bundes 
bandelt, da nicht so sorgsam bin für gleichzeitige und förmliche Garantien, 
welche den Mißbrauch dieser Gesetzgebung verhüten sollen. Auf die Gefahr 
hin, daß diese Gesetzgebung mit minderen Garantien umgeben sein mag, als 
dies in einzelnen Staaten der Fall ist, werde ich doch jederzeit die Erweite- 
rung der Kompetenz zugeben, vertrauend dem Genius der Nation und ver- 
trauend, daß in dem Zusammenwirken des deutschen Reichstages und des 
Bundesraths niemals so viele Reaktion und schädlicher Konservatismus herr- 
scen wird, als in einzelnen Staaten der Fall sein kann. (Sehr richtig!) 
uUnd wenn ich auch anerkenne, daß das Vercins= und Preßwesen bis jetzt in 
Bürtemberg und in Baiern — nicht in Preußen, soweit daß Preßwesen in 
Zetracht kommt — mit großen (Farantien umgeben ist, und wenn ich aner- 
kinne, daß das Vereins= und Preßwesen in die Hand Deutschlands gelegt, 
De Freiheiten eines Einzelstaates ein wenig einschränken kann, so lege ich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.