Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

178 1870. Verträge. 
zwingend wirkte. Meine Herren, dies war der Grund, weshalb ich es nicht 
für rathsam hielt, auf den langsamen Weg eines konstituirenden Reichstage 
einzugehen. Denn darüber, daß die Einheit geschaffen werden soll, braucht 
die Nation nicht mehr befragt zu werden; über die Einzelheiten aber sie zu 
befragen, würde nicht zum Ziele geführt haben, sondern wir sind verpflichtet, 
die Verantwortlichkeit auf uns zu nehmen, die uns vorgelegten Einzelbeiten 
zu prüfen und wenn wir zuletzt die Ueberzeugung gewinnen, daß so wie 
diese Einzelheiten geordnet sind, kein Bund geschaffen wird, der eine gedeihliche 
Fortentwickelung zuläßt, dem neuen Vertrage, der dies bewirkt, unfre Zustim- 
mung zu versagen. Wenn wir aber zu der Ueberzeugung kommen, daß trotz 
aller Schäden dennoch eine Entwickelungsfähigkeit im Bunde, in der neuen 
Verfassung liegt, und wir geben dann unsere Zustimmung, so ist es gut ge- 
wesen, daß wir die Zeit benutzt haben, welche dem Einigungswerke am 
günstigsten ist. (Sehr richtig!l) Ich war allerdings nicht vorbereitet, einen 
solchen Vertrag zu empfangen, wie er zwischen Baiern und der Norddeutschen 
Bundesregierung abgeschlossen worden ist, und ich habe dieses Resultat nicht 
vor Augen gehabt, als ich zuerst den (zedanken in mir befestigte, es sei 
heilvoller, den konstituirenden Reichstag augszuschließen. Aber auch so wie 
diese Verträge heute vorliegen, halte ich es für viel besser, daß wir zu einer 
definitiven Entscheidung, zu einem Abschlusse darüber kommen, ob wir das 
Einigungswerk jetzt zu Stande bringen können, oder ob die Vorarbeiten der 
Regierungen derartig sind, daß die Entscheidung in Beziehung auf Baiern 
noch aufgeschoben werden muß. Ich, meine Herren, wünsche sehnsüchtigst 
für die Nation, daß sie mit dem Ende dieses Krieges endlich zur Ruhe, 
zum staatlichen und nationalen Bewußtsein komme, ich wünsche, daß in 
der gesetzgebenden Versammlung des Deutschen Bundes endlich einmal das 
Gefühl herrsche, welches jeder einzelne Bürger in seinem Staate empfindet, 
daß der Deutsche endlich eine positive Basis gewonnen und nicht mehr um 
die erste Bedingung zu kämpfen braucht: um die Bedingung der nationalen 
Existenz seines Staates. (Sehr wahr!) Wie nun auch die Entscheidung hier 
ausfallen mag, so bin ich beruhigt, denn ich bin der Ueberzeugung, auch 
wenn wir bloß die Verträge hier annehmen, die mit Würtemberg, Baden 
und Hessen abgeschlossen sind, so ist thatsächlich auch das Verfassungswerk 
der deutschen Einheit vollbracht. (Sehr wahr!) Ich bin der Ueberzeugung, 
daß Baiern nun und nimmermehr in seiner Isolirtheit sich würde erhalten 
können, wenn wir im übrigen Deutschland einmal vollkommen geeinigt sind. 
Aber ich hege die Hoffnung, daß die Bundesregierungen und Diejenigen, 
welche hier anwesend sind, um als Bevollmächtigte ihre Heimathsstaaten 
während dieser Verhandlung zu vertreten, noch die Gelegenheit benutzen 
werden, um diejenigen Mängel, welche wir bei der Spezialberathung meinen 
rügen zu müssen, — um diejenigen Mängel namentlich, welche wir als derart 
bezeichnen, daß sie den Bund erheblich beschädigen, noch in der letzten Stunde 
zu entfernen, um so wenigstens einen Theil von dem gut zu machen, was
	        
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