Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Generaldebatte. Wagener, Loͤwe. 195 
welche die sogenannte Föderation überhaupt ein reiner Schein und eine Täu- 
schung bleibt. Sie haben ein solches Oberhaus in der Schweiz, Sie haben 
es in Amerika, Sie haben es selbst gemacht im Jahre 1849, als Sie ein 
Deutsches Reich etabliren wollten, und ich würde Denen, die dabei thätig ge- 
wesen sind, sehr dankbar sein, wenn sie dieselben Grundsätze, die sie damals 
angenommen haben, in das neue Staatenhaus oder Oberhaus — wie Sie 
en nennen wollen — wieder aufzunehmen bereit wären. Sie waren damals 
nech so feudal und ständisch auch Ihrerseits gesinnt, daß in dem Staaten- 
t# s des Deutschen Reiches vom Jahre 1849 sogar die Bestimmung vor- 
kemmt, daß in den Ländern, die aus mehreren Provinzen beständen, die 
Mitglieder des Staatenhauses zum Theil von den Provinzialständen gewählt 
werden sellten. Meine Herren, wiederbolen Sie diese Beschlüsse; Sie werden 
sie wahrscheinlich doch nicht feudal nennen, Sie werden sie auch nicht reac- 
rionär nennen und ich glaube, daß wir uns dann über diese Institution sehr 
leicht rerständigen werden. Was ist denn jetzt der Bundesrath? Der Bun- 
desrath ist nach der Norddeutschen Verfassung die zweite parlamentarische 
lezislatire Körperschaft, deren Zustimmung zu einem jeden Gesetze nothwendig 
uit und sein Mangel besteht, ich glaube es offen aussprechen zu sollen, haupt- 
sächlich zur Zeit in der geringen Zahl seiner Mitglieder und darin, daß in 
der Hauptsache doch nur das bohe Beamtenthum der rerbündeten Staaten 
darin rertreten ist. Meine Herren, das halten wir für ungenügend. Wir 
Amben nicht, daß grade wenn es darauf ankommt, eine Regierung im 
Stande ist, sich auf ihre eigenen Beamten zu stützen, und deshalb wollen wir 
bicr nur aussprechen, daß wir bei dem weiteren Aucban der deutschen Ein- 
krit und des deutschen Reiches immer wieder auf diese unsere Forderung zu- 
nuckkommen werden. Wir glauben auch, meine Herren, Sie werden mit uns 
darauf zurückkommen müssen, wenn Sie auders an Ihren eigenen Tendenzen 
da Herstellung von Reichsministern festhalten wollen. Denn mit einem 
solchen Institute würde die jetzige Stellung des Bundesrathes nach unserer 
Meinung absolut unvereinbar sein. Decbalb, meine Heren, richte ich in 
meinem und im Namen meiner Parteigenossen an Sie die dringende Bitte, 
lassen Sie uns die Thatsachen als solche anerkennen und formuliren, lassen 
Sie es uns heute machen, wie im Juli dieses Jahres, alle Parteitendenzen, 
alle Parteiwünsche in den Hintergrund stellen und nur das thim umd das 
beschliehen, meine Herren, was wir alle als das Unumgängliche und Noth- 
wendige betrachten, das heißt, meine Herren, hier den Beweis führen, 
daß unsere Volkevertreter vor Paris hier die rechte parlamentarische Land- 
wehr binter sich haben. (Bravok rechts.) 
Dr. Löwe (Bochum)’): Meine Herren, ich will den Wunsch, mit dem 
der Herr Vorredner diesen Platz rerlassen hat, wohl beberzigen, und ich kann 
Ibnen sagen, daß der Gedanke, mit dem er geschlossen hat, mich all die Zeit 
  
) St. B. S. 94 l. g. o. 
13°
	        
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