Generaldebatte. Loͤwe. 201
auch nicht gleichgültig für uns, denn es ist nicht gleichgültig für die gesammte
Entwickelung, die daraus hervorgeht. Nun sagt man, der Föderalismus habe
überhaupt nicht so viel zu bedeuten, besonders nicht der Föderalismus, wie
er sich in dem Ausschusse für die diplomatischen Angelegenheiten zeigt, der
babe gar nichts zu bedeuten. Der Ausschuß habe das zu thun, was man
ihm zu thun gebe, und wenn man ihm keine Arbeiten gäbe, so habe er
leine. Wenn man ihm noch dazu keine Beamten gäbe, so würden die Her-
ein, die ja, wie der Herr Abgeordnete Wagener nach dem Grafen Beust ci-
tirt hat, selbst nicht gern arbeiten, — so würden sie es schon ganz sein lassen.
Beiläufig möchte ich doch den Herrn Abgeordneten Wagener bitten, dieses
werthrolle Citat für die Behandlung der Dütenfrage zu reserviren, und dann
nachzuweisen, daß diese Kreise, die, wie er selbst sagt, sich politisch nicht gern
beschäftigen, vor allen Dingen nicht gern arbeiten, vorzugsweise zur Vertre-
tung der Nation berufen sind. (Heiterkeit.) Meine Herren, dieser diploma-
tische Ausschuß aber hat Nichts zu thun, wenn er Nichts zu tbun haben
will; er hat Nichts zu thun, wenn er sich dabei bemüßigt, daß man ihm
Nichts zu thun giebt. Das beweist aber nicht, daß er sich überhaupt nicht
um die Dinge bekümmern dürfte, und daß, wenn er nicht selbst arbeitet,
sich nicht Intriganten in Hülle und Fülle finden, die ihm die Arbeiten zu-
recht machen, und daß er also, je fauler er ist, um so schlechtere Arbeit für
die Natien liefern wird. Diese Arbeit aber wird dann zu Tage kommen,
wenn ein übler, ein kritischer Moment für unsere Nation eintritt, — darüber,
meine Herren, können Sie nicht zweifelhaft sein. Ich erkenne ja mit dem
Herrn Vertreter des Bundesraths an, daß in Betreff der Zustimmung des
Bundesraths zu dem Kriege der defensive Charakter des Bundes im emi-
nentesten Sinne ausgedrückt ist, und ich erkenne das um so lieber an, weil
ich dem deutschen Bunde auch in seiner neuen Form diesen defensiven Cha-
rakter erhalten sehen und ihn nur als solchen sich entwickeln sehen will.
Aeer, meine Herren, die Form, in der man ihm diesen Charakter zu geben
sucht, ist doch durchaus nicht unbedenklich. Denn es ist doch ganz etwas
Anderes, wenn die Centralgewalt in einem kritischen Moment erst mit den
inneren Intriguen rechnen muß, um sicher zu sein, daß sie auch die Zu-
stimmung zu einem großen politischen Entschlusse hat. Es ist ganz etwas
Anderes, meine Herren, als wenn sie zum Beispiel die Zustimmung bei
dem Reichstag erlangen müßte, oder wenn selbst die Zustimmung von
einem Plebiscit abhängig gemacht würde. In beiden Fällen würde von In-
triguen und geheimen Verabredungen nicht die Rede sein können, und immer
würden Sie eine Einheit haben, wenn die Majorität entschieden hat. Mit
einem rollen Ja oder Nein würde die Sache zum Abschluß gebracht sein.
Im Bundesrath aber haben Sie eine Minorität von Staaten mit besonderen
Nechten und organisirter Macht, mit denen Sie rechnen müssen. Das ist
um so bedenklicher, als sie ihre eigene diplomatische Vertretung behalten, und
als sie in dem diplomatischen Ausschuß sitzen, der, wie ich Ihnen vorhin