Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Generaldebatte. Ewald. 217 
ditens vor Allem muß Gott selbst darüber stehen. (Heiterkeit.) Meine 
bene, ich weiß nicht, warum Sie darüber lachen. Ist das in der That 
nicht ein Gegenstand, der unsere tiefste Beachtung, unser tiefstes Nachdenken 
rerdient Ja, ich sage, Alles Das, was ich eben erwähnt habe, sollte zwar 
eigentlich stehen über allen Reichen, welche Verfassung sie auch haben mögen;: 
aber am meisten sollten diese Mächte und Zwecke und dieses Höchste, Gott 
selbst, er sollte stehen über solcher Verfassung, die sich nennt eine Bundes- 
rerfassung. Frage ich num: wie trifft denn der Bund, der hier neu gestiftet 
werden soll, mit diesen drei Merkmalen zusammen? Inwiefern haben diese 
drei notbwendigen Merkmale eines Bundes hier eine Anwendung? Das erste 
Merkmal — wie können wir behaupten daß es hier zutreffend sei? Ja, die 
Verträge liegen vor, die Verträge, geschlossen im Jahre 1866 und 1867, 
und ebenso wiederum die Verträge, geschlossen im Jahre 1870. Aber wir 
müssen doch etwas tiefer in die Dinge eingehen, etwas weiter erforschen: 
werauf beruhen am Ende diese Verträge und woraus sind sie geflossen? 
Nun, was im Jahre 1866 geschehen ist, das ist in die ehernen Tafeln der 
Geschichte geschrieben, das kann ich nicht ändern, (Sehr wahrl) Keiner 
kann's ändern. Das ist aber wesentlich dieses, daß der zu Recht bestehende 
Deutsche Bund nur durch einen Treubruch aufgehoben wurde, daß Zwang, 
daß Gewalt herrschte, daß der Krieg niederschlug solche Deutsche, welche die 
allerbesten Glieder, die allertreuesten, die allerausgezeichnetsten Glieder — in 
gewisser Hinsicht wenigstens — (Große Heiterkeit) des Deutschen Bundes 
waren. Und nun weiter, meine Herren. Was ist jetzt geschehen in diesem 
Jahre? Können wir sagen, daß das, was in diesem Jahre unter diesen Ver- 
hältnissen zu Stande kommen soll, hervorgegangen sei aus reiner Freiheit, 
aus reiner freier Ueberzeugung? Meine Herren, ich frage nur das Eine: ist 
hier wirklich eine Freiheit aller Parteien gegeben, die zusammenstehen sollen 
in Deutschland und wirklich da sind? Ich meine die großen, ich meine nicht 
die unbedeutenden, ich meine nicht die gesetz= und zuchtlosen Parteien, ich 
meine die besten, die reinsten, die größten Parteien. Wenn ich wüßte, meine 
Herren, daß meiner Partei alle Freiheit gegeben wäre der Zeitungen sich zu 
bedienen, Volksrersammlungen zu halten und sonst ihre Meinungen klar zu 
außern, ich wüßte aber eine andere Partei, die mir entgegensteht, aber ge- 
genwärtig gar keine Freiheit hat, — oh, ich würde als ein Unwürdiger zu 
bandeln glauben, wenn ich mich meiner Freiheit bediente, und sie nicht der 
andern Partei, die ebenso die Freiheit rerdient, gönnte, ja, wenn ich auch 
nur still schwiege dazu, daß eine große Partei, der man nichts entgegen- 
wersen kann, gegenwärtig aller Freiheit beraubt wäre wie die Partei, bei 
welcher ich stehe. Nun, — kann man also sagen: hier trifft das erste Merkmal 
zu, woran man einen wahren Bund erkennen kann? Betrachten wir das 
zweite Merkmal. (Große Heiterkeit.) Meine Herren, ich weiß nicht, was 
Sie lachen. Das zweite Merkmal, das ich oben erwähnte, trifft das hier 
zu7 Ich habe genau diese Vorlagen durchgelesen, aber habe daraus nur ge-
	        
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