Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Generaldebatte. Ewald. 219 
war vielleicht Preußen zuerst allein da wie Rom, welches zuerst allein da 
wa#r, und dem sich allmählig alle die übrigen Völker anreihten, welches 
alle übrigen Völker zunächst zu seinen sociis aufnahm und dann zu seinen 
Unterthanen machte? Ich frage, ist das geschichtliche Verhältniß dieses? Nein, 
das grade Gegentheil trifft hier ein. Preußen war zuerst nur ein (Slied 
einer großen Gemeinschaft vollkommen gleich berechtigter Glieder, ein Theil 
des deutschen Reiches und des deutschen Bundes. Wir wissen, meine Herren, 
was das alte ehrwürdige Deutsche Reich war, wir wissen auch, wie aus ihm 
ganz felgerichtig und in ciner viel herrlicheren und schöneren Gestalt der 
Deutsche Bund hervorging. (Heiterkeitl) Meine Herren, ich sage das ab- 
sichtlich so; es kann nicht geleugnet werden, Alles was wir jetzt Großes und 
Herrliches unter uns haben, das ist selbst entstanden zum Theil, zum andern 
Tbeile erhalten in dem Deutschen Bunde, wic er früher war. Was wir jetzt 
besitzen, wie wir selbst erzogen sind, welche Vorzüge wir jetzt uns zu haben 
wauen, fie haben alle ihren Grund gehabt in und sind alle aus jener Ein- 
beit, aus jenem Bunde hervorgegangen. Wodurch ist mun dieses Ganze zer- 
sten? Dadurch daß Preußen eigenwillig, eigenmächtig jene Gesellschaft, jenen 
Bund rerlassen hat. Wodurch verlassen und wodurch ihn zerstört? Ich kann 
nicht anders sagen, und an dieser Stelle darf ich es sagen: nur dadurch, 
daß Eigenmacht, Willkür, Gewalt und Krieg Alles zerstört hat, was dort 
schen im Grunde das Herrlichste war, was wir irgend verlangen konnten. 
(Heiterkeit.) Und nun, was sind das anders als die Mächte der Revolution? 
— Wie nun die Mächte der Revolution seit dem Jahre 1866, aber eigent- 
lich —, fasse ich es genau auf —, auch schon früher, seit 1859, diese neue Gemein- 
schaft gründeten und erhielten, welche man nennt den Nordbund, ebenso 
werden sie auch diese neue Gemeinschaft, die heute unter Ihnen in diesen 
Lagen gegründet werden soll, weiter erhalten, weiter fortbilden müssen, 
wenn überhaupt aus jener Gemeinschaft des Nordbundes diese neue Ge- 
meinschaft, dieser ncue Bund, der sich der „Deutsche Bund"“ nennen 
will, entstehen soll. Aber was toird noch weiter hinzukommen? Oft 
babe ich, meine Herren, von diesem Platze aus, wie Sie sich vielleicht 
erinnern werden, an die unendlichen Unglücksfälle, trüben und trauri- 
gen Zustände erinncrt, welche in meinem eigenen Vaterlande, in Han- 
norer, und ähnlich in den übrigen annektirten Ländern von 1866 herrschen. 
Oft habe ich ermahnt, man mäge endlich die göttliche Gerechtigkeit walten 
lassen, die über aller menschlichen Macht steht und ewig stehen muß, weun 
irgend ein menschliches Reich bestehen soll; — es ist umsonst gewesen! 
(Heiterkeit.) Mögen Sie darüber lachen, aber es giebt Andere, die bis zum 
Himmel darüber weinen, und der Himmel erhört am Ende auch die Thränen 
der Unschuld. Da nun derienige Herr Minister, — den wir hier als den une 
zwar nicht einem Gesctze, aber doch der Wirklichkeit nach zunächst verant- 
werllichen betrachten müssen, — da der Herr Minister Delbrück gestern selbst 
ctwas ganz Neues eingeführt hat, so finde ich mich dadurch bewogen, an
	        
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