242 Vertrag mit Baden und Hessen.
zu. Es handelt sich hier nicht um eine Verfassungsfrage nach Artikel 76.
Ich glaube auch, daß der Einwand der Inkompetenz, der früher geltend
gemacht worden ist, hier nicht wiederum erhoben werden kann, und daß
sich auch der Abgeordnete Windthorst, der es ja immer für seine Aufgabe
gehalten hat, aus Kompetenz-Gewissensrücksichten gegen unsere mecklen-
burgischen Angelegenheiten zu fechten, daß selbst dieser sich überzeugt haben
wird, daß die Kompetenz jetzt vorhanden ist, denn gerade er war derjenige,
der damals behauptete: weil keine Normativbestimmungen über die Ver-
fassungen der einzelnen Staaten in der Bundesverfassung wären, darum
wären wir nicht kompetent die mecklenburgische Verfassung zu ändern.
Meine Herren, im Constituirenden Reichstage war die Sorge für das Zu-
standekommen des Norddeutschen Bundes der Grund weshalb unser An-
trag damals abgelehnt wurde. Dieser Grund kann uns doch auch nicht
mehr entgegenugestellt werden. Wir haben jetzt den Norddeutschen Bund
in seinem festen Gefüge, der Norddeutsche Bund kann jede Verfassungs-
änderung beschließen mit zwei Drittel Majorität der Stimmen im Bundes-
rath und mit der gewöhnlichen Majorität des Reichstages. Und nun,
meine Herren, können Sie doch nicht erwarten, daß gerade die süddeut-
schen Staaten gegen diesen Antrag opponiren sollten, der doch so mäßig
gestellt ist wie einer, der doch das für sich hat, daß die Zustände, die wir
erst herbeisehnen, sich in den süddeutschen Staaten schon finden? Glauben
Sie denu, daß die süddeutschen Regierungen dagegen stimmen werden, daß
die süddeutschen Staaten, die das schon haben, was wir ersehnen, uns
dies mißgönnen werden? Haben Sie deun nicht auch Rücksicht zu nehmen
auf die Abgeordnetenkammern im Süden, in Baiern, Würtemberg u. s. w.
Glauben Sie denn, daß diesen Abgeordneten es angenehm ist, daß sie in
eine Gemeinschaft treten sollen, in welcher sich noch Staaten finden, die
mitten im Mittelalter wurzeln? Wissen Sie nicht, daß unsere Zustände
weit über die Grenzen des Vaterlandes hinaus ein öffentliches Aergerniß
gegeben haben? Wollen Sie den süddeutschen Abgeordnetenkammern dadurch
die Verfassung schmackhaft machen, daß Sie jetzt dasjenige, worauf wir
eben so gut ein Recht haben, als jeder andere Volksstamm in Deutschland,
uns versagen? Man macht auch ferner den Einwand, daß es sich hier
nur um Mecklenburg handele. An sich ist es kein Einwand gegen unsern
Antrag, denn wir haben ja doch schon besondere Bestimmungen für ein-
zelne Staaten in unserer Bundesverfassung z. B. wegen der Hansestädte,
die außerhalb des Zollvereins geblieben sind. Und ich glaube, gegenüber
der Thatsache, daß so große Vorrechte einzelnen süddeutschen Staaten be-
willigt sind, kann man nicht mehr sagen: weil es sich um einen einzelnen
Staat handelt, darum kann kein besonderes Gesetz darüber gegeben werden.
Im Uebrigen kommen außer den beiden Mecklenburg noch in Betracht:
Ratzeburg, Lauenburg selbst und Lippe. Die Ratzeburger Zustände haben
Sie ja auch schon mehrfach kennen gelernt. Sie wissen, daß dort neuerdings
eine Verfassung gegeben ist, welche gewissermaßen als Karrikatur einer