Verfassung. Art. 3. Antrag Wiggers. Hennig. Hausmann. 247
Sie mir deshalb den Wortlaut eines solchen Ukases zu Ihrer Kenntniß zu
bringen: „Da nach den mit dem Berichte vom 17ten d. M. von fuürst—
licher Regierung eingereichten Verhandlungen über die Landtagswahl in
Hern in dem zur Vornahme einer anderweiten Wahl am 11. d. M. an-
gestandenen Terminc fast das ganze Wahlkollegium sich geweigert hat, einen
auderen Abgeordneten an Stelle des landesherrlich nicht bestätigten Syn-
dikus Hausmann zu wählen, und eine gültige Wahl demnächst nicht zu
Stande gekommen ist, so liegt keine Veranlassung vor, einen nochmaligen
Wahltermin anzusetzen, und das Wahlkellegium hat es daher zu verant-
worten, daß die Stadt Horn auf dem Landtage nicht vertreten ist. Fürst-
liches Kabinets-Ministerium. (gez.) v. Oheimb."“ (Hört! hört! Heiterkeit.)
Meine Herren, Sic werden mit mir einverstanden sein, daß mit solchen
Verfassungsbestimmungen sich ein Landtag zu Stande bringen läßt, mit
welchem unter allen Umständen eine Regierung zu regieren vermag. Die
Regierung hat auch dieses veraltete Ständewesen, wonach die Unterthanen
in Ritter, Bürger und Bauern zerfallen, und welches durch landesherr-
lichen Machtspruch im Jahre 1853 im Wege der Oktroyirung eingeführt
wurde, im Laufe der Zeit so lieb gewonnen, daß sie wahrscheinlich in aller
Ewizkeit sich nicht von ihm trennen wird, sofern nicht der Reichstag da-
wider Einsprache thut und diesen beklagenswerthen Zuständen ein Ende
macht. Diese Ständeversammlung hat sich allerdings zur Regierung immer
so liebenswürdig wie möglich gestellt. Sie schwieg, als man die werth-
vollsten bürgerlichen Rechte und Gesetze mit einem Federstriche von oben
kassirte; sie schwieg, als man sogar die der Bevölkerung seit mehr als
einem Menschenalter liebgewordenen religiösen Einrichtungen anzutasten
kein Bedenken trug; fie schwieg sogar, als man unerhörter Weise über den
landesherrlich bestätigten, über 8 Jahre in untadelhafter Amtsführung
stehenden Prediger Kühlmann zu Lemgo ein „Ketzergericht“ berief, und
weil unter der Geistlichkeit des Landes keine geeignete Persönlichkeiten zu
einem solchen Dienste sich vorfanden, die als kirchliche Gegner der freisin-
nigen Richtung des Kühlmann und auch sonst als Eiferer bekannten Kon-
sisterialräthe Münchmeier und Reiche aus dem Osnabrück'schen und Bücke-
burgischen herbeizog, welche Procedur dann die Entfernung des Kühlmann
vom Predigeramte gegen den Willen seiner Gemeinde zur Folge hatte.
Der Landtag hat dieses Alles nicht allein mit Stillschweigen hingehen
lassen, er hat ferner in seiner oktroyirten Zusammensetzung einem Vor-
schlage zugestimmt, welchen der fromme Minister von Oheimb, kurz vor
seinem Abgange, dem Lande als ein theures Andenken hinterlassen hat.
Dieser Vorschlag lautet im Wesentlichen dahin, das Staatsvermögen im
Betage von gegen 5 bis 7 Millionen für ein Fideikemmiß des fürstlichen
Hauses zu erklären. Auf diesem sogenannten Landrentei-Vermögen hatte
bis dahin die unbestrittene Verpflichtung zur Bestreitung der gesammten
Rezierungslasten geruht; diese Last ist jetzt auf das Land gewälzt. Mit