Verfaffung. Art. 3. Antrag Wiggers. Fries. Hoverbeck. 251
dieser Beziehung stimme ich vollkommen dem Antragsteller bei, da es mir
Janz unerfindlich ist, wie dic freiheitlichen Bestimmungen, ausgenommen
in die Bundesverfassung, den Beitritt der süddeutschen Staaten hemmen
konnen. Wir wissen Alle, daß in den südwestdeutschen Staaten die Wiege
des konstitutionellen Lebens Deutschlands steht, und die Kammern Würtem-
bergs, Badens und Baierns werden wahrhaftig das, was sie seit mehr als
einem halben Jahrhundert als ein Heiligthum gewahrt haben, nicht der
Gesammtheit Deutschlands vorenthalten wollen. (Zustimmung links.) Des-
balb glaube ich, daß irgend ein gerechtfertigter Widerspruch von jener Seite
gewiß nicht zu erwarten sein wird. Ich stelle mich deshalb diesem Wiggers-
schen Antrage gegenüber wesentlich anders als andern Anträgen gegenüber,
denen ich grundsätzlich auch vollkommen beistimme. Zu meinem großen
Bedauern habe ich mich gestern genöthigt gesehen, gegen den Antrag
Duncker zu stimmen, welcher einen constituirenden Reichstag verlangte,
weil ich in diesem Antrage eine Gefährdung des Zustandekommens des
neuen deutschen Bundes erkenne; ich werde mich ebenso gegen die Anträge
erkliren, welche heute eingebracht sind in Betreff der Aufnahme grund-
rectlicher Bestimmungen und in Betreff der Diätenfrage. Ich bin der
Ansicht, daß der gegenwärtige Augenblick nicht dazu geschaffen ist, einzelne
Putteibestrebungen zur Geltung zu bringen. Wenn es sich aber darum
bandelt, ob wir den Grundgedanken der Norddeutschen Verfassung, den
konstitutionellen Gedanken auch durchführen sollen in den Verfassungen
der Einzelstaaten, dann, meine Herren, ist meines Erachtens bei uns von
Parteifragen gar nicht die Rede, das ist ein Verlangen, welches mit Recht
jete Partei des Reichstages stellen muß.
v. Hoverbes"): Meine Herren! Aus der kleinen häuslichen Zwistig-
keit, die sich hier zwischen den Herren von Hennig und Fries eutwickelt
bat, können wir wenigstens so viel schließen, daß es sich hier nur darum
handelt, mit welcher Sauce die freiheitlichen Forderungen Mecklenburg's,
Lippe's und anderer Länder verspeist werden sollen, — das Verspeisen ist
außer aller Frage. Ich, meinerseits ziehe in diesem Falle aber doch vor,
daß der Antrag des Abgeordneten von Hennig abgelehnt werde, damit die
Sache so klar als möglich zur Entscheidung komme. Der Antrag des Ab-
gerrdneten von Hennig gewährt, wenn er angenommen werden sollte —
und in dieser Beziehung bin ich allerdings vorläufig anderer Meinung als
der Abgeordnete Fries — eine gewisse Decke, um hinterdrein sagen zu
können: wir sind sehr wohl einverstanden gewesen mit allen diesen Forde-
wungen, und wir haben sie vertheidigt und werden sie vertheidigen, notabene
in solchen Augeublicken, wo bei uns die Mittel nicht liegen, die Sache
kurchzusetzen; im entscheidenden Momente aber, wo es allein möglich ist,
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) St. B. S. 116 l. u.