Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

264 Vertrag mit Baden und Hessen. 
hinausgehe. Ja, meine Herren, wenn das für die künftige Reichstags-Ver- 
sammlung hier ausgesprochen werden soll, dann ist es doch gewiß ganz über- 
flüssig. Der künftige Reichstag selber wird sich doch durch diesen unsern 
Beschluß wahrhaftig nicht binden lassen! Der einzige Garant, der also mög- 
lich wäre für diese Freiheit, wäre nach den Ausführungen des Herrn Ab- 
geordneten Becker der Bundesrath. Dem hat er ja aber gerade das voll- 
ständigste Mißtrauensvotum bereits gegeben. Aus Furcht gegen die reaktio- 
nären Neigungen des Bundesraths schlägt er uns nun vor, daß wir die 
Garantie uns durch denselben Bundesrath geben lassen! (Heiterkeit.) Ich 
möchte Sie daher bitten, diesen ganz wirkungslosen Antrag abzulehnen. 
Dr. Hirsch'): Meine Herren, ich antworte auf das Letzte nicht, da das 
Sopyhistische des Gesagten klar auf der Hand liegt, sondern ich will mich 
nur mit ein Paar Worten mit meinem Freunde Lasker auseinandersetzen. 
Der Standpunkt des Herrn Abgeordneten Lasker unterscheidet sich von dem 
meinigen dadurch, daß er zuviel Vertrauen hat, und ich dieses Vertrauen 
nicht besitze, und ich muß mir schon gestatten, jetzt besonders Zweifel in die 
Berechtigung des Vertrauens des Herrn Abgeordneten Lasker zu setzen, da er 
selber vor Kurzem erklärt hat, daß er ein ganz anders Vertrauen gehabt 
hätte zu den in Versailles abgeschlossenen deutschen Verträgen, und daß ihm 
das Elaborat mit Baiern, als es ihm zur Hand gekommen, eine schlaflose 
Nacht bereitet habe. Ich meine nun, daß der Herr Abgeordnete Lasker, 
dessen Verdienste ich gern anerkenne und bewundere, so gut wie er sich in 
diesem Vertrauen getäuscht hat, daß aus dem Zusammenwirken der Regie- 
rungen und der Diplomaten eine bessere Vorlage und eine größere Förderung 
des Werkes hervorgehen würde, — sich eben so sehr und noch leichter täuschen 
kann, wenn er meint, der künftige deutsche Reichstag würde eine Versamm- 
lung sein, deren Majorität sich niemals schrecken lassen würde, deren Ma- 
jorität stets für die Preß= und Versammlungsfreiheit eintreten würde. Nun, 
meine Herren, derartige Reden sind auch meines Wissens — ich war damals 
noch sehr jung — im Jahre 1849 geführt worden. Damals hat man auch 
gesagt: fürchtet euch doch nicht, macht uns doch nicht graulich, das Volk 
hat immer seine Vertretung — und darauf sind die Landrathskammern 
gekommen und was die an freiheitlichen Gesetzen gebracht haben, ist bekannt 
genug. Ich glaube also nicht, daß wir Veranlassung haben, hier so ver- 
trauensvoll zu sein, und ich möchte meinen Freund Lasker fragen, ob die 
Vorgänge, die zur Interpellation Duncker geführt haben, und ob die Art 
und Weise, wie die Interpellation von dem Bundeskanzleramts-Präsidenten 
beantwortet worden ist'“), im Stande waren, das Vertrauen in das freiheitliche 
und gesetzliche Gebahren der Regierungen und ihrer Vertreter zu erhöhen. 
Meine Herren, als diese Interpellation gestellt wurde, als sonnenklar darge- 
) St. B. S. 121 l. g. o. 
“) St. B. S. 47 r. fg., S. 52 l. m.
	        
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