Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

280 Vertrag mit Baden und Hessen. 
gen der Jollvereinsverträge nur mit drei Vierteln Majorität oder gegen vier- 
zehn Stimmen des Bundesrathes abgeändert werden können, oder mit ein- 
facher Majorität. Da scheint mir nothwendig, daß wir wenigstens die lei- 
tenden Grundsätze erfahren, wann der Artikel 78 und wann der Artikel 7 
maßgebend sein soll. Lieber wäre mir freilich, wenn die Verfassung dieje- 
nigen Vorschrifteu aufzählte, welche unter den Schutz des Artikel 78 gestellt 
werden; denn mit einem sehr schweren Hinderniß haben die Abänderungen 
solcher Vorschriften zu kämpfen. Ich fürchte aber, daß eine Aufzählung 
nicht mehr möglich ist. Doch die Vertragsschließer müssen darüber wenigstens 
klar gewesen sein, nach welchen Grundsätzen eine bestimmte Vorschrift unter 
die Klausel des Artikel 78 fallen soll; und da ich annehmen muß, daß die 
Herren Redaktoren sich dies zum Bewußtsein gebracht haben, so wünsche ich 
eine authentische Interpretation hierüber. 
Präsident des Bundeskanzler-Amts, Staatsminister Delbrück“): Der 
Herr Vorredner geht mit Recht davon aus, daß er die Gesammtheit der- 
jenigen Verabredungen, welche hier bezeichnet sind als der Zollvereinsver- 
trag am 8. Juli 1867, für sehr umfangreich hält. Es ist diese Gesammt- 
heit von Verabredungen zum Theil administrativer Natur, zum Theil legis- 
lativer Natur, und zum Theil verfassungsmäßiger Natur. Ich glaube mit 
dem Inhalt dieser verschiedenen Verabredungen ziemlich genau bekannt zu 
sein, — meine frühere Stellung hat mich dazu geführt; — ich würde aber 
glauben, daß ich selbst, wenn ich nun nach diesen Gesichtspunkten den In- 
halt dieser Verabredungen gruppiren sollte, lediglich nach meiner persön- 
lichen Auffassung, dazu doch mehrere Tage ununterbrochenen Studiums 
brauchen würde. Ich glaube, daß alsdann eine Verständigung unter den 
betheiligten Regierungen, ob diese von mir entworfene Subsumption richtig 
sei oder nicht, einen noch viel größeren Zeitraum erfordern würde und 
namentlich dazu führen könnte, eine Menge von Fragen diskutabel zu 
machen, die von der Art sind, daß sie eigentlich nur dadurch zu Fragen 
werden, wenn man darauf gestoßen wird, sie als solche zu behandeln. Bei 
der Redaktion des Artikels ist man davon ausgegangen, daß eine Erschöpfung 
der Materie, also eben eine solche Klassifikation der einzelnen Bestimmungen 
in der That mit den größesten Schwierigkeiten verbunden sei, mit Schwie- 
rigkeiten, die mit dem davon zu erwartenden Nutzen kaum im Verhältniß 
stehen würden. Wenn hier Artikel 78 mit in Bezug genommer ist, 
so hat das darin seinen Grund, daß in der That in den Zollvereinsver= 
trägen Bestimmungen enthalten sind, welche sich ihrer ganzen Natur nach, 
und wenn man sie betrachtet vom Standpunkte der Bundesverfassung aus, 
unzweifelhaft als solche darstellen, die nicht im Wege der einfachen Gesetz- 
gebung werden abgeändert werden können. Um nur ein Beispiel anzu- 
*) St. B. S. 126 r. u.
	        
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