Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

282 Vertrag mit Baden und Hessen. 
Artikel 78. 
Artikel 78 der Verfassung von 1867 hatte gelautet: „Veränderungen 
der Verfassung erfolgen im Wege der Gesetzgebung, jedoch ist zu denselben 
im Bundesrathe eine Mehrheit von zwei Dritteln der vertretenen Stiumen 
erforderlich. 
In dem jetzt vorgelegten Verfassungsentwurf wurde statt „zwei 
Dritteln“ „drei Viertheilen" gesetzt. 
Antrag Hoverbeck: Den Artikel 78 der Verfassung von 1867 
wiederherzustellen). 
Freiherr v. Hoverbech“): Meine Herren, wir stehen also bei einer 
der wichtigsten Aenderungen, die diese neue Verfassung gegen die Nord- 
deutsche Bundesverfassung enthält: bei der Majorität, die in Bezug auf 
Verfassungsänderungen von Seiten des Bundesrathes nothwendig ist. Ich 
beantrage: In der beigefügten Verfassung den Artikel 78 zu fassen: „Ver- 
änderungen der Verfassung erfolgen im Wege der Gesetzgebung, jedoch ist 
zu denselben im Bundesrathe eine Mehrheit von zwei Dritteln der ver- 
tretenen Stimmen erforderlich.“ Meine Herren, ich habe mir dabei keines- 
wegs das Eine verborgen, daß das Verhältniß insofern etwas geändert 
wird, als jetzt schon durch den Zutritt Badens, aber noch mehr Würtem- 
bergs, und noch mehr Baierns eine andere Gesammtzahl eintritt, als vorher 
dagewesen ist. Man könnte also in einer gewissen Beziehung sagen, daß 
eine andere Zahl in Bezug auf etwaige leichtfinnige Verfassungsänderungen 
gegriffen werden müsse, indem nämlich Preußen als Bundespräsidial-Macht 
bei seinen 17 Stimmen verbleibt, und diese 17 Stimmen, wenn die alte 
Bestimmung bestehen bliebe, nicht hinreichen würden, eine Verfassungs-= 
änderung unmöglich zu machen. Ich glaube, meine Herren, das ist das 
Wesentlichste, was man vorbringen kann, um eine Erhöhung des Stimmen= 
verhältnisses auf drei Viertel der Mehrheit zu motiviren, wie sie hier vor- 
geschlagen ist. Ich glaube aber doch nicht so bedenklich sein zu müssen, 
daß ich mich davon abschrecken ließe. Ich bin überzeugt, daß Verfassungs- 
änderungen vermöge der Wirksamkeit des Reichstages hier überhaupt gegen 
den Willen Preußens, wenn in Preußen Regierung und Volk einig ist, 
unmöglich sind. Sollte das aber unglücklicherweise anders sein, sollte die 
Vertretung der Preußischen Regierung, wie fie sich im Bundesrathe aus- 
spricht, gegen eine Verfassungsänderung sein, dagegen das preußische Volk 
diese Aenderung wünschen, dann halte ich es allerdings sehr wohl für 
6) Drucks. Nr. 26 Z. I. 
St. B. S. 127 r. u.
	        
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