Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Verfassung. Art. 78. Delbrück. 287 
fürchte aber, diese Verfassung wird nicht die Bafis einer geordneten und 
frieklichen Entwickelung werden, sondern sie wird zu Kouflikten und Ex- 
plofionen führen. (Sehr wahr! links.) 
Präsident des Bundeskanzler-Amts Staatsminister Delbrück'): Meine 
Herren, die Uebertragung der Bestimmung der Norddeutschen Bundesver- 
fassung in die Verfassung des neuen Bundes ist zunächst nicht zulässig 
nach meiner Ueberzeugung mit Rücksicht auf die Stellung Preußens im 
Bunde. Preußen hat nach den Vorschriften der Norddeutschen Verfassung 
richt ein ausdrückliches, aber ein durch die Zweidrittel-Majorität von selbst 
gegebenes Veto in Beziehung auf Verfassungsveränderungen. Es ist hier 
in diesem Hause bei der Generaldebatte von — wenn ich nicht irre — mehreren 
Seiten darauf hingewiesen worden, daß es richtig gewesen sei, bei der Er- 
weiterung des Bundes die Stimmenzahl Preußens im Bundesrathe zu 
verstärken. Diese Fragen haben nicht zur Berathung gestanden, wohl aber 
wa#r zunächst von Preußen selbst darauf Werth zu legen, daß es in dem 
reuen Bunde in Beziehung auf Fragen von solcher Wichtigkeit, wie sie 
Verfassungsänderungen sind, nicht ungünstiger gestellt würde, als im Nord- 
deutschen Bunde. Für Preußen bedurfte es daher keiner Anregung von 
einer anderen Seite für die Aenderung dieser Majorität. Sie wäre übri- 
geus nicht nöthig gewesen in der jetzt hier zur Berathung vorliegenden 
Verfassung; denn wenn es sich bloß um den Anschluß von Baden und 
Hessen gehandelt hätte, so würden ruhig die Zweidrittel haben beibehalten 
werden können, — der Zuständ wäre dadurch nicht verändert. Indessen, wie 
ich schon in einer früheren Sitzung zu bemerken die Ehre gehabt habe, 
die Verfassung, wie sie Ihnen hier vorliegt, wenn auch zunächst nur mit 
Vaden und Hessen vereinbart, ist dkoch von Haus aus berechnet auf die 
Gesammtheit. Und da war es naturnothwendig geboten, dem größten 
Bandesstaat — einem Bundesstaat, der, wie ja unzweifelhaft richtig ist, 
durch die Stimmen im Bundesrathe nicht im Verhältniß seiner Größe 
vertreten ist — eine Garantie dafür zu geben, daß Verfassungsänderungen 
aohne seine Zustimmung nicht beschlossen werden können. Ich weiß nicht, 
wo der Herr Abgeordnete für Waldeck die Notiz erhalten hat, daß Würtem- 
berg Anfangs kein Interesse für diese Bestimmung gezeigt und sich nachher 
damit befreundet hätte; ich wüßte weder das erste zu sagen, noch weiß ich 
das zweite, man hat von allen Seiten eine Aenderung dieser Bestimmung 
gerade als etwas angesehen, was durch die Natur der Dinge, was durch 
die gesammte Sachlage geboten war. Ich bitte Sie daher, den Antrag des 
Herrn Abgeordneten für Berlin abzulehnen. 
  
54) St. B. S. 129 l. m.
	        
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