288 Vertrag mit Baden und Hessen.
Lasker’'): Meine Herren, diese Abänderung ist allerdings sehr be-
deutungsvoll uud mit Recht bezeichnet worden als eine solche, welche uns
neue Bahnen anweist. Ich bekenne aber, daß ich mit demselben Augen-
blicke, in welchem ich daran dachte, daß Baiern und Würtemberg, das ge-
sammte Deutschland sich dem Bunde anuschließen soll, mit mir im Klaren
war, dies wird nur geschehen können, wenn größere Garantien gegeben
werden gegen die Leichtigkeit ven Verfassungsänderungen. Denn, meine
Herren, wir haben den Süddeutschen das Bild entgegengehalten: der Nord-
deutsche Bund, wie er gegenwärtig ist, wenn er sich mit sich allein be-
friedigen soll, befindet sich in einem vortrefflichen Zustande, er ist so unge-
hindert, wie in einem Einheitsstaate; und wir haben seit dem Jahre 1867
folgenden Gegensatz aufgestellt: entweder die Nation kann ihr Einheits-
bedürfniß auch nicht äußerlich erfüllen; wir müssen als Norddeutschland
getrennt bleiben, dafür aber kräftigen wir uns innerlich und empfangen
immer mehr und mehr die Natur und Tendenz eines dem Einheitsstaate
nachzubildenden Bundesstaates, — oder, die zweite Seite war, und darüber
waren wir uns auch klar, daß, wenn das übrige Deutschland beitreten
sollte, dieselbe Leichtigkeit der Verfassungsänderung nicht wird aufrecht zu
erhalten sein. Innerhalb dieser beiden Gegensätze haben wir uns seit dem
Jahre 1867 bis heute bewegt. Der Bund entwickelte sich zu unserer Zu-
friedenheit, aber immer durchgeklungen ist durch alle Verhandlungen: Was
hilft es, daß wir uns vortreffliche Gesetze geben, daß wir unsere einheitliche
Kraft entfalten, — uns fehlt ein Glied an unserem Leibe, und wir sind krank
an unserer Existenz. Nun endlich ist der Gedanke ein realer, Baiern und
Würtemberg und die übrigen deutschen Staaten anschließen zu können, und
nun dürfen wir vernünftigerweise nicht erwarten, daß mit denselben Regeln
und Grundsätzen, welche für den Norddeutschen Bund gegolten haben, auch
der zukünftige Deutsche Bund sich werde leiten lassen. Deßhalb bekenne
ich von mir, der ich innerhalb des Norddeutschen Bundes stets dahin ge-
strebt habe, die Befugniß der Kompetenzerweiterung völlig frei und unver-
sehrt zu erhalten, der ich wenig Anstand genommen habe, im Norddeutschen
Bunde, wie ich es auch im Deutschen Bunde nicht thun werde, auf die
Ausdehnung der Kompetenz hinzuarbeiten, — daß ich, den geschichtlich ge-
bildeten Verhältnissen meine Bestrebungen anpassend, mir nie einen Zweifel
darüber gemacht, daß ohne ein Opfer in Bezug auf die Kompetenzer=
weiterung niemals Baiern zu gewinnen ist für den Deutschen Bund. Noch
heute steht die Frage so, ob wir uns wohl befinden wollen unter uns selbst,
und die Einigung mit Baiern gänzlich ablehnen, oder ob wir Baiern
unter solchen Verhältnissen mit uns verbinden wollen, welche die Einheit
thatsächlich herstellen, obschon mit viel minder guten Wirkungen, als wir
unter uns selbst in Beziehung auf das engere Gebiet gelebt hätten. Mit
) St. B. S. 129 r. o.