Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Protokoll II. § 6. Delbrück. Schulze. 309 
auswärtige Angelegenheiten soll abweichend von allen übrigen Ausschüssen, 
unter dem Vorsitz Baierns durch die Mitglieder von Baiern, Sachsen und 
Bürtemberg gebildet werden. Bei allen übrigen Ausschüssen haben wir die 
Sicherheit, obschon es die Verfassung im Wortlaut nicht erwähnt, daß der 
Sitz derselben nur in Berlin sein wird, wohin der Vorsitzende ihn beruft. 
Bei diesem Ausschusse aber wäre die Möglichkeit, daß der Vorsitzende sich 
berechtigt hielte, ihn außerhalb Berlins zusammentreten zu lassen. Ich er- 
laube mir deshalb die Frage an den Herrn Vertreter des Bundesrathes zu 
richten, ob nach dem Inhalt dieser Bestimmung vorausgesetzt ist, daß der 
Sitz des Ausschusses immer in Berlin sein müsse. Eine Veranlassung zu 
dieser Annahme finde ich mittelbar in den Worten: „außerdem wird im 
Bundesrath aus den Bedvollmächtigten der Königreiche Baiern u. s. w. ein 
solcher Ausschuß gebildet.“ Indessen, unser Verfassungsrecht ist etwas in der 
Schwebe. Sie werden sich erinnern, daß man einmal sogar geglaubt hat, 
den Reichstag nach Versailles berufen zu dürfen, es ist also der Ort für 
den Zusammentritt der Körperschaften nicht ganz als festgestellt zu betrachten. 
VBenn nun Baiern den Vorsitz im Ausschuß führt, so wäre es leicht möglich, 
daß ein baierischer Staatsmann, gegen die Intention der Verfassung, sich 
kercchtigt hielte, den Ausschuß nach München zu verlegen und ihn dort tagen 
zu lassen. 
Präsident des Bundeskanzler-Amts Staatsminister Delbrück"): Meine 
Herren, ich würde glauben, daß aus der Verfassung selbst unzweifelhaft folgt, 
daß der Ausschuß einer Körperschaft, deren Berufung dem Präsidium zusteht, 
mu an dem Orte tagen kann, wo die Körperschaft selbst tagt. 
Schulze'!)): Ich muß nochmals auf die materiellen Bedenken zurück- 
kommen, die flüchtig in der Generaldiskussion vorgekommen sind. — Sie 
werden allerdings gewiß zugeben, daß Mittheilungen des Präsidiums an 
diesen Ausschuß geschehen, die ja dann weiter verwerthet werden mögen für 
den Bundesrath selbst; aber, meine Herren, Sie werden bei den Bestimmungen, 
die hier getroffen sind, nicht hindern können, daß auch der Ausschuß sich 
selbststindig versammelt, wenn er irgendwie die Dinge dazu angethan findet. 
Nun ist es ja gerade die nationale Strömung, die in den jetzigen großen 
tagen sich über unser ganzes Vaterland, Gott sei Dank, ergossen, und zu 
den großen Erfolgen geführt hat, die wird uns nun gerade von Seiten der 
Herren, die für diese Dinge sind, als eine solche dargestellt, die doch wieder 
im Laufe der Zeit schwächer werden kann. Man hat weiter zugegeben, daß 
der Neid Europas über die vollständige Veränderung des politischen Schwer- 
runktes, die durch die Konstituirung des gesammten Deutschlands entschieden 
  
5) St. B. S. 141 r. u. 
) St. B. S. 141 r. 8. u.
	        
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