330 Vertrag mit Baiern.
Grumbrecht“): Das ist ja eben der Unterschied in unseren An-
schauungen, daß wir, wenn wir meinen, Etwas nicht durchsetzen zu können,
dagegen stimmen, um das Verfassungswerk nicht zu gefährden. Wenn aber
Bestimmungen in Frage stehen, von deren Annahme man nicht erwartet,
daß sie das Verfassungswerk hindern, so stimmcn wir dafür. Das ist nichts
Neues, das erleben wir alle Tage und ich kann nicht begreifen, daß der
Abgeordnete von Hoverbeck das noch hervorgehoben hat. Ich gebe seine Be-
hauptungen als vollkommen wahr und richtig zu und werde morgen und
übermorgen wieder ebenso handeln.
Graf v. Bassewitz aus Schwerin (Gnoien= Goldberg r.)!): Ich
möchte nur darauf aufmerksam machen, daß anscheinend der Abgeordnete
Grumbrecht hier von einem faktischen Irrthum ausgeht, als ob überhaupt
die Haltung von Gesandtschaften ein Privilegium wäre für Baiern. Das
steht jedem einzelnen Bundesstaate zu. (Sehr richtig!)
Dr. Friedenthal (Neisse) ""“): Ich will mich nur gegen die Bemer-
kung des Abgeordneten von Hoverbeck wenden, gegen die Behauptung, daß
die Stellung, in welche der Norddeutsche Reichstag mit Beziehung auf diese
Verträge gebracht sei, eine seiner nicht würdige sei. Ich muß diese Be-
hauptung durchaus bestreiten. Die Bundesregierung legt dem Norddeutschen
Reichstage eine Gesammtheit von Verträgen vor, um im Großen und Ganzen
die eine Frage durch den Reichstag zur Entscheidung zu bringen, ob auf bec-
sti imten Grundlagen der Zutritt der süddeutschen Staaten erfolgen soll.
Die Frage wird uns vorgelegt — denn so liegt die Sache — ob unter ge-
wissen, nach der Ueberzeugung der Bundes-Präsidialregierung im gegen-
wärtigen Augenblicke allein möglichen Voraussetzungen dieser
Anschluß stattfinden soll. Der Norddeutsche Reichstag hat gewissenhaft zu
erwägen und zu prüfen, ob das Für oder Wider ihn zu einem Ja oder
Nein bestimmt. Er hat allein das schwere Gewicht der Entscheidung in der
Hand und biermit die entscheidende Macht. Dadurch, daß man die Details
einer Angelegenheit so oder so ordnet, dadurch ist nicht die Würde oder
Machtstellung einer gesetzgebenden Korporation bedingt. Die Frage, meine
Herren, ob wir uns zu dem Ja oder Nein entschließen wollen, haben wir
zu entscheiden, und daß wir diese Entscheidung haben, darin liegt unsere
Machtstellung, und deswegen ist die Pofition des Reichstages, nach großen
Gesichtspunkten, nach gewissenhafter Prüfung sich für Ja oder Nein ent-
scheiden zu können, eine vollkommen würdige.
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