Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Generaldebatte über den baierischen Vertrag. Bennigsen. 363 
wurzelnden Grundlage, daß Nichts in unserer früheren deutschen Geschichte 
mit dieser Grundlage einer monarchischen Gewalt in Deutschland hat ver— 
glichen werden können. (Sehr wahr!) Glanzuvoller ist vielleicht die Mon- 
archie des Hauses Habsburg gewesen zur Zeit Karls V., aber das war eine 
Weltmonarchie, die ganz andere und vorzugsweise andere Aufgaben hatte als 
deutsche, deren praktische Zwecke wesentlich außerhalb Deutschlands lagen, die 
Deutschland verwickelte in die größten Gefahren, indem sie Deutschlands 
Kräste zu fremden Zwecken verbrauchte, während künftig die deutsche Mon- 
archie der Hohenzollern, herausgewachsen aus den Bedürfnissen der deutschen 
Nation und lediglich auf deutschem Grund und Broden ihre Stärke und ihre 
Kraft suchend, für deutsche Zwecke allein wird thätig sein können und wollen. 
(Bravol) Meine Herren, es ist hier der Vorwurf gegen uns erhoben, daß 
wir in einer kaum würdigen Stellung ja oder nein sagen sollen, zu einer 
ganzen Verfassung, und daß wir dazu bereit wären in einer Lage, wo wir nichts 
anders können als das Ja auszusprechen. Meine Herren, haben wir diese 
Sitmation gemacht? (Unruhe auf der äußersten Linken.) Haben diejenigen 
Herren in diesem Saal, die einen andern Weg für möglich hielten, sich ver- 
bergen können, daß auf diesem andern Wege noch weit größere Gefahren 
des Scheiterns der Verhandlungen herbeigeführt würden, und mit dem 
Scheitern nicht blos das Verlieren eines großen historischen Moments, der 
so leicht für eine Nation nicht wiederkehrt, sondern selbst die Erschütterung 
der alten Grundlage der Verfassung herbeigeführt wird Denn wenn der 
Norddeutsche Bund nicht dazu im Stande war, wenn er nicht die Mittel 
gewährte, in einer großen nationalen Zeit, in einem historischen Aufschwung 
der ganzen Nation auch den Süden an uns anzuschließen, dann hat er einen 
wesentlichen Theil seiner Bedeutung eingebüßt; er versagte in einem ent- 
scheidenden Augenblicke. (Sehr wahr!) Meine Herren, niemals werden 
Sie ernsthaft behaupten können, daß, wenn wir — wo allerdings die Ent- 
wickelung auf das Einzelne viel größer ist — zu einer freien konstituirenden 
Versammlung berufen werden, diejenigen süddeutschen Regierungen, die nicht 
ron uns niedergeworfen sondern unsere Bundesgenossen sind, diejenigen süd- 
keutschen Volksrertretungen, welche sehr werthvolle Mitwirkungsrechte in ihrer 
Verfassung haben, — dem dunkeln Resultat der Abstimmung eines solchen Par- 
laments gegenüber ihre ganzen Rechte preisgegeben haben würden. Schwierig war 
schen jetzt das Resultat der Verhandlungen. Sie selber haben Stadien durch- 
laufen, in denen wohl auch den Leitern unserer Norddeutschen Bundes- 
rerfassung das Gefühl gekommen ist, daß man sich auf den Versuch werde 
beschränken müssen, nur einzelne Staaten des Südens anzuschließen. Aber 
niemals würde es gelungen sein, die Verhandlungen auch nur soweit glücklich 
durchzmufführen, wenn das auf der Grundlage hätte geschehen sollen, daß die 
süddeutschen Regierungen und Volksvertretungen auf einen andern Körper, 
in welchem sie alle zusammen genommen in der Minorität bleiben könnten, 
die Befugniß übertragen, die künftige Verfassung für Deutschland festzustellen.
	        
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