364 Verträge 1870. Dritte Verathung.
Meine Herren, noch Eins bitte ich zu berücksichtigen: daß wir in dem
Moment, wo der Friede abgeschlossen werden soll, der Deutschland eine neue
Macht in Europa verschafft, daß wir in einem solchen Augenblicke nicht die
Verantwortung übernehmen wollen — meine Freunde und ich wolleu sie
wenigstens nicht übernehmen — hier auszusprechen durch unser Votum: es ist
dem deutschen Volke, welches zwar siegreich aus dem Kampfe hervorgegangen ist,
doch nicht möglich geworden, die innere Verfassung, die Einheit der Nation
zum Abschluß zu bringen. Auf die Stellung Deutschlands und seiner Leiter
gegenüber dem Auslande würde das nicht blos bei den Friedensverhandlungen,
sondern auch nach dem Frieden von ganz verhängnißroller Bedeutung sein,
wenn die deutsche Nation die Kraft, die Einmüthigkeit und die Entschlossen-
heit in sich nicht vorfand diesen Moment zu benutzen, um nach der erkämpften
mächtigen Stellung nach Außen sich auch den Boden einer freien Entwickelung
im Innern für ganz Deutschland zu sichern. Meine Herren, wenn wir auch
mit Bedenken in diese neue Entwickelung Deutschlands hineingehen — das
haben wir wenigstens sicher hinter uns: nationale Fragen, nationale Kämpfe
derart, daß wir vielleicht in Aussicht nehmen müßten, Diejenigen, die sich
nicht friedlich uns anschlössen, noch einmal niederzuwerfen, haben wir hinter
uns. (Sehr wahr!) Wir gewinnen einen Boden, auf dem freilich die innere
Entwickelung mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben wird, wir gewinnen
aber auch einen Boden, auf dem weder ein innerer Feind, noch ein äußerer
es jemals versuchen, und wenn er es versucht, es jemals erreichen wird, daß
die gemeinschaftliche Grundlage des ganzen deutschen Volks in seiner einheit-
lichen Verfassung, unter seiner kräftigen monarchischen Regierung, in seinem
frei gewählten Parlament erschüttert wird. (Lebhaftes Bravo.)
Die Spezialdebatte der dritten Berathung ist an den betreffenden
Orten der zweiten Berathung eingereiht worden.