Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

386 Baden. Außerordentlicher Landtag. 
wieder auf Seite 52 der Regierungsvorlage in der Schlußredaction, die 
Baiern veranlaßte, enthalten ist, so finden Sie Bundesgesetze, deren Wirksam- 
keit der künftigen Bundesverfassung — 1. Jannar 1871 — eintreten, und 
Bundesgesetze, deren Wirksamkeit erst mit dem 1. Jannar 1872 beginnen 
soll. — Man hat in der Kommission die Frage aufgeworfen, ob es mit der 
Verantwortlichkeit einer gesetzgebenden Versammlung verträglich sei, eine so 
große Anzahl neuer zum Theil entscheidender Gesetze geradezu anzunehmen, 
ohne sich mit deren Detail auch nur oberflächlich zu befassen. Bei der Er- 
örterung dieser Frage hat man vor Allem in Erwägung gezogen, daß der 
Hauptzweck des ganzen Vertragswerkes der sei, ein gemeinschaftliches Staats- 
wesen herzustellen, welches in gewissen allgemeinen Beziehungen auch durch 
gemeinschaftliche Gesetze geregelt sein müsse. Man hat sich gesagt, daß, wer 
die Vortheile eines gemeinsam großen Staatswesens für sich anspricht, auch 
die Grundgesetze und Normen, auf denen dasselbe beruht, mehr oder weniger 
unbesehen mit in den Kauf nehmen müsse. So fremd sind indessen diese 
Gesetze uns nicht. Wenn Sie zunächst diejenigen näher ansehen, die sofort 
mit der Wirksamkeit der Bundesregierung in's Leben treten sollen, so wer- 
den Sie darunter viele alte Bekannte finden, die nur in ihrer äußern Form 
vielleicht da und dort kleine Eigenthümlichkeiten an sich tragen. Es sind 
nur ganz wenige darunter, die außer der Form auch Neues in ihrem Inhalte 
uns bieten und gerade diese sind die weniger bedeutenden und eingreifenden. 
Bezüglich derjenigen Gesetze, deren Einführung bis zum 1. Januar 1872 
verschoben ist, erlaube ich mir nur noch Ihnen kurz die Gründe anzu- 
geben, warum eine Verschiebung eintrat. Die Gesetze unter den Ziffern 1, 
2, 3 und 4 können vor dem I. Januar 1872 nicht eingeführt werden, weil 
erst mit diesem Tage der Gegenstand jener Gesetze — die Bundes-Post- 
und Telegraphenverwaltung — bei uns in's Leben tritt. Das Gesetz unter 
Ziff. 5, enthält eine Bestimmung, wodurch für die Größe und Zahl der 
Banknoten, die eine Bank ausgiebt, der Zeitpunkt maßgebend sein wird, zu 
welchem das Gesetz eingeführt wird. Nun besitzen wir zwar eine Notenbank 
in Baden, aber es sind zur Zeit noch keine Banknoten emittirt und auch am 
1. Januar 1871 dürfte diese Emission nur zu cinem sehr kleinen Theil vollzogen 
sein; es würde hiernach, wenn man das Gesetz sofort bei uns einführen 
würde, die Noten-Emission der badischen Bank geradezu durch das Gesetz 
verhindert werden. Daß die Gesetze unter den Ziffern 6 und 7 nicht sofort 
eingeführt werden können, ist wohl selbstverständlich. Die Einführung dieser 
Gesetze macht eingehende Vorarbeiten nothwendig und es wird demnach auch 
der Zeitpunkt, den die Bundesverfassung für deren Einführung bezeichnet, 
als der richtige betrachtet werden können. Ich habe hinsichtlich des badischen 
Vertrages nur noch auf einige Bestimmungen des Schlußprotokolls hinzu- 
weisen; der übrigen habe ich gelegentlich der Besprechung des Vertrags selbst 
bereits erwähnt. Unter Ziffer 6 des Schlußprotokollo wurde von den Be- 
vollmächtigten des Norddeutschen Bundes die Zusage gegeben, daß das Bun-
	        
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