392 Baden. Außerordentlicher Landtag.
Sie mir zum Schlnsse noch auf die Folgen hinzuweisen, welche die allseitige
Annahme dieses Vertragswerkes für unser Land Baden haben wird und
haben muß. Unser Staat wird eingeführt in den großen Bau des Deutschen
Reiches. Unser Fürst gab — ich erwähne dessen hier mit dankbarer Aner-
kennung — zur Errichtung eines einigen und mächtigen Deutschlands eine
Reihe wichtiger Hcheitsrechte freudig an die künftige Centralgewalt ab; auch
wir werden, seinem edlen Beispiele folgend, Manches gerne dahingeben, was
das Gesammtvaterland zu seinem Wohle und Gedeihen uns abfordet. Aus
diesem Saale verschwinden alle größeren politischen Fragen, aller politische
Verkehr Badens mit dem Auslande. Mit diesen Fragen werden auch manche
Kämpfe aus diesem Hause verschwinden, so namentlich der seit dem Bestehen
unsrer Verfassung traditionell geführte Kampf über das Militärwesen, der
von diesem Hause wohl nicht immer ganz richtig geführt wurde. Denken
Sie in dieser Beziehung nur an die jüngste Vergangenheit! Auch der Wehr-
stand hat seine Berechtigung; ohne äußere Unabhängigkeit giebt es keine ge-
sicherte innere Entwickelung eines Staates. Es werden ferner aus diesem
Hause verschwinden die großen volkswirthschaftlichen Fragen; auch diese wer-
den künftig an einer andern Stelle diskutirt und entschieden werden. Andere
wichtige Theile unserer Gesetzgebung, insbesondere der Justizgesetzgebung,
werden gleichfalls unserem engeren Gesichtskreise entrückt werden. Alle diese
Fragen werden in Zukunft im Deutschen Reichstage von der Regierung und
den Abgeordneten des deutschen Volkes zum Austrage gebracht werden. Eine
Leere wird indessen trotzdem hier nicht eintreten; es bleibt auch noch für uns
Manches zu erörtern und zu regeln. Das badische Volk hat auch nach der
Befriedigung seines nationalen Bedürfnisses noch manche Wünsche auf dem
Herzen, deren Erfüllung es von seiner Regierung und von seinen Ständen
erwartet. Fragen der Kultur und der materiellen Interessen liegen noch in
großer Zahl vor uns; sie alle harren der Erledigung. Vergessen wir darum
über dem Großen das Kleine nicht! Freilich wird die badische Staatsver-
waltung nach der Errichtung des Deutschen Reiches ein anderes Aussehen er-
halten als bisher. Die Staatsmaschinerie wird sich in mancher Beziehung
vereinfachen müssen; sie wird nur noch auf die Leistung der Arbeit berechnet
sein dürfen, die nicht von dem Bunde aus mittelst seiner Organe besorgt
wird. Haben wir vorher herben Tadel gegen Baiern und theilweise auch
gegen Würtemberg ausgesprochen, weil diese Staaten in vielen, naturgemäß
dem Bunde zufallenden, Dingen für sich fortwirthschaften wollen, wie bieher,
so dürfen wir unsererseits nicht in den gleichen Fehler verfallen. Vieles
wird bei uns sich vereinfachen können und müssen. In allererster Reihe er-
wähne ich unserer Landesverfassung, die in der bisherigen Form nicht mehr
sich erhalten lassen wird. Das Zweikammersystem wird für die kleinen und
nun noch kleiner werdenden Verhältnisse nicht wohl allzulange mehr bestehen
können, wenn der große deutsche Staatskörper an einem Volksrertretungs-
körper sich genügen läßt. Unser Truppenkontingent bildet künftig einen Be-