400 Baden. Verhandlungen der ersten Kammer.
gern dieses Landes jetzt der Weg geöffnet zu den verschiedenen Reichsämtern,
deren Zahl selbstrerständlich zunehmen wird, also in der Diplomatie, im
Heer-, Post= und Telegraphenwesen, im Gerichtswesen, in der Rechtspflege
und sicherlich noch in vielen andern Dingen, die sich in der Zukunft ent-
wickeln werden. Wenn ich nun einen kurzen Blick werfe auf die Wirkungen,
welche diese Veränderungen zur Folge haben werden für die hiesigen Landes-
verhältnisse, so ist es allgemein selbstvrerständlich, daß sehr Vieles wegfallen
wird, woran wir bis heute einen lebendigen und in der That achtungswerthen
Antheil genommen haben. Alle die Dinge, die in Zukunft Sache des Recichs-
tags sind, — und es sind viele und bedeutende, von der leitenden Politik an
bis auf den weiteren Bereich der Justizgesetzgebung, — alle diese Dinge fallen
nun in Zukunft gänzlich weg, sie sind nicht mehr Gegenstand der Erörterung
weder im Landtag noch auf Seite der Regierung, sie sind in Zukunft ledig-
lich Sache der Reichsorgane. Dagegen bleiben folgende Dinge: vorerst
allerdings die, die mehr, ich möchte sagen, ein provinzielles und örtliches
Interesse haben. Da dauert natürlich die Autonomie fort. Ferner die
Dinge der Justizgesetzgebung, des Privatrechts, die nicht vom Bund, nicht
vom Reich aus geordnet werden, und es sind das noch ziemlich viel. In
diesen Dingen werden wir also noch immcr selbstständig handeln; gewisse
wirthschaftliche Verhältnisse, wie z. B. Straßenwesen und Aehnliches, end-
lich zur Zeit auch noch gewisse höhere Kulturinteressen, und ich meine, gerade
in dieser letzteren Beziehung kann dieses Land noch viel Gutes leisten, wie
es ja bereits viel geleistet hat. Es kann hier noch immer seinen früherrn
Beruf bewähren, voranzugehen in Deutschland. Das ist aber auch Alles was
bleibt, und dieser Hinsicht macht sich allerdings die Forderung geltend, daß
gemäß dieser vollständigen Umgestaltung der Dinge auch eine Vereinfachung
der Staatsverwaltung und Revision der Staatsverfassung, — eine vollständige
Revision eintreten müsse. Ich habe nicht den Auftrag, irgend welche Punkte hier
hervorzuheben, aber im Allgemeinen diesen Gedanken auszusprechen. Die Commis-
sion war darüber einig, daß das von selbst kommen werde und kommen müsse.
Nachdem ich nun so die Verfassung und ihre Wirkungen besprochen habe, erlau-
ben Sie mir noch auf die Verträge soweit überzugehen, als dieselben gewisse
-enderungen und Modificationen der Verfassung fordern. Es sind drei: der
Vertrag 1) des Norddeutschen Bundes mit dem Großherzogthum Baden und
Hessen, 2) der Vertrag mit Würtemberg und 3) der Vertrag mit der Krone
Baiern. Auch in dieser Hinsicht habe ich hier nicht in's Detail dieser Ver-
träge einzugehen, aus den nämlichen Gründen wie bei der Verfassung. Die
Sache liegt nun einmal so, daß man diese Verträge im Ganzen annehmen
oder verwerfen muß, daß man aber nicht im Einzelnen an jedem etwas ändern
kann. Nur dazu halte ich mich ebenfalls für verpflichtet, in einigen Haupt-
zügen auf einige wesentliche Dinge aufmerksam zu machen. Bei Weitem
am meisten Abänderungen enthält der Vertrag mit Baiern; er ist ohne