402 Baden. Verhandlungen der ersten Kammer.
tige Angelegenheiten. Es ist ein sonderbares Ding, wie dieser Ausschuß hier
im Protokoll steht. Er unterscheidet sich nämlich von allen andern Ausschüssen im
Bundesrath sehr charakteristisch dadurch, daß Preußen, der stärkstbetheiligte Staat,
gar nicht darin erscheint, die übrigen deutschen Staaten deßgleichen nicht darin
erscheinen, daß lediglich die drei Königreiche darin erscheinen. Das hat etwas
schon formell unläugbar Anstößiges, daß hier ein Privilegium geschaffen wird für
drei Königreiche. Man weiß eigentlich nicht, was dieser Ausschuß zu thun
hat, denn das ist meines Erachtens klar, daß eben deshalb, weil Preußen nicht
darin ist und die andern auch nicht darin sind, dieser Ausschuß keine Com-
petenz hat. Die andern Ausschüsse im Bundesrath haben jedenfalls ihre
besonderen Competenzen, find gewissermaßen mitregierende Fractionen des
Bundesraths; dieser Ausschuß kann aber keine Competenz haben, denn es ist
doch undenkbar, daß das gesammte deutsche Reich den Anordnungen der drei
Königreiche sich unterordnen werde; das wäre ja an Abnormität kaum zu
vergleichen mit dem früheren deutschen Bunde. Sodann eine zweite Be-
stimmung, nämlich die, welche sich bezieht auf die baierische Gesandtschaft,
auf die baierische Diplomatie. Nicht bloß wird hier dieselbe als fortdauernd
angenommen, sondern sie bekommt sogar eine ganz neue Aufgabe, nämlich
die, unter Umständen die Reichsgesandtschaft zu vertreten sekundär. Ee ist das
etwas ganz Neues und eigentlich etwas Unorganisches, das läßt sich nicht
läugnen und man kann auch nicht bestreiten, daß mit diesen beiden Dingen,
diesem Ausschuß und diesem besonderen politischen Gesandtschaftsrecht sich
möglicher Weise von außen her manchmal Anknüpfungspunkte ergeben wer-
den, um einen Hebel anzusetzen, um gelegentlich Opposition zu machen, einen
Zwiespalt hervorzurufen in politischen Dingen. Dennoch, obwohl wir uns
dieses Bedenken nicht haben verhehlen können, haben wir uns beruhigt und
zwar schon aus einem, ich möchte sagen, psychologischen Grund. Wie ich
vorhin bemerkte, mit Bezug auf die Heeresverfassung brauchen wir nicht
ängstlicher zu sein in Erhaltung der Einheit, als es der Bundesfeldherr ist
und der Kriegsminister Roon und der General Moltke, und in diesen diplo-
matischen Dingen brauchen wir nicht einheitlicher zu sein als Graf Bis-
mark ist. Es wäre in meinen Augen etwas Thörichtes. Wenn er meint,
daß trotzdem die Einheit, auch die diplomatische und politische, gesichert sei, so
haben wir durchaus keinen Grund strenger zu sein. Auch thatsächlich, meine
ich, wird die Pflicht der baierischen Diplomatie, für das ganze Reich ein-
zustehen, in dieser Diplomatie das lebhafte Gefühl erwecken und er-
halten des Verbandes mit dem großen Reich, und um deßwillen
glaube ich, daß darin eine gewisse Beschränkung liegt der Gefahr einer par-
tikularistischen zwiespältigen Politik. Endlich ist noch ein Punkt, der auch
einige Bedenken gemacht hat, nämlich die Bestimmung, die neu hinzuge-
kommen ist, daß 14 Stimmen genügen, um eine Verfassungsänderung zu
hindern. Diese 14 Stimmen sind zwar nicht ebenso ausdrücklich auf be-
stimmte Länder vertheilt, sondern sie werden ganz allgemein angenommen,