406 Baden. Verhandlungen der ersten Kammer.
Volksrertretung bei allen Anlässen, auch dieses hohe Haus. Ich habe daher nicht
den geringsten Zweifel über das Endergebniß, denn es ist das Alles vorgesehen, wir
haben Alle dafür gearbeitet für das, was wir gegenwärtig als Frucht eines großen
furchtbaren Krieges und als die wichtigste Frucht einheimsen. Aber bei dieser
Gelegenheit möchte ich doch auch in Erinnerung bringen, daß in diesem
Hause im October 1866, als die nämliche Frage besprochen wurde, bei Ge-
legenheit des Friedensschlusses mit Preußen, die Commission, die über eine
künftige Neugestaltung von Deutschland ihre Ansicht aussprach, am Schlusse
noch volgendes äußerte: „Endlich erlauben wir uns 5. noch einen Gedanken
zur Sprache zu bringen, dessen Aufnahme uns für die Neugestaltung Deutsch-
lands nützlich erscheint.“ „Je entschiedener nun diese Neugestaltung anstatt
in Form eines Bundesstaates in der eines durch Anschlüsse von Nebenstaaten
an den leitenden Hauptstaat Preußen zum deutschen Reich erweiterten
preußischen Einheitsstaates vor sich geht, um so sorgfältiger ist das natür-
liche Mißbehagen über diese scheinbare Ungleichheit, welche sich in der Be-
zeichnung der Preußen zweiter oder dritter Classe kund giebt, zu be-
achten. Das geschieht am besten dadurch, daß die wirkliche Gleichh eit,
die dennoch vorhanden ist, (indem in den gemeinsamen Dingen eine gemein-
same Repräsentation, gleiches Gesetz und dieselbe Regierung für Alle besteht,)
einen klaren Rechtsausdruck erhält, d. h. wenn neben dem Landes= und Staats-
bürgerrecht aller Einzelstaaten ein gemeinsames deutsches Staatsbür-
gerrecht zur Anerkennung und weiterer Ausbildung gelangt —, in ähnlicher
Weise, wie es in Nordamerika und in der Schweiz neben dem einzelnen
Bürgerrecht ven New-Vork, Virginien, Pennsylvnaien, Bern und Zürich ein
gemeinsames amerikanisches und Schweizerbürgerrecht gibt. Als Deutsche
würden sich dann Alle als nationale Genossen erkennen und auf diese Gemein-
schaft gestützt auch der Uebergang von einem Staat in den andern, und die freie
Niederlassung gesichert werden. Es würden sich dann alle Deutschen als gleich-
berechtigte Bürger des Einen großen Vaterlandes zusammenfinden, und
wenn die Thüringer, die Sachsen und in Zukunft auch die Badener in dem
Könige von Preußen ihr gemeinsames Bundes= und Reichs-Ober=
haupt erkennen und verehren sollen, so würde auch diese Umgestaltung nicht
mehr den Anschein haben, als eb sie einem fremden Fürsten unterworfen
würden, sondern als deutsche Staatsbürger würden sie in Seiner Majestät
das deutsche Reichs-Oberhaupt, den deutschen Kaiser erkennen.“" Das ist
genau wörtlich alles in Erfüllung gegangen. Nur noch Eines dabei. Der
Titel lautet und mit Recht „Deutscher Kaiser", und ist das nicht etwa ein
Wiederaufleben des mittelalterischen Kaisers, wenn gleich eine gewisse Erinne-
rung an die geschichtliche Bedeutung jenes Kaiserthums darin liegt. Wir haben
niemals einen deutschen Kaiser gehabt im Mittelalter, wir haben einen deutschen
König gehabt, der zu gleicher Zeit römischer Kaiser war, und ich meiner-
seits bin recht froh, daß der deutsche Kaiser lediglich deutscher und nicht rö-
mischer Kaiser ist. Das ist auch ein Gegensatz zu dem mittelalterischen