Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

408 Baden. Verhandlungen der ersten Kammer. 
wobei nicht einer Stimme Süddeutschlands Ausdruck verliehen worden sei. 
Redner war seiner Zeit gegen den Eintritt in den Norddeutschen Bund 
weil ihm die Abedingte Hingabe an die preußische Hegemonie nicht im In- 
teresse des Landes liegend geschienen. Auch dürfte es nicht das Ziel Der- 
jenigen sein, die zugleich ein Deutschland mit freiheitlichen Institutionen er- 
streben. Er habe seiner Zeit dem Nordbund gegenüber einen Südbund ge- 
wünscht, der aber, obgleich er möglich gewesen, an gänzlicher Theilnahms- 
losigkeit gescheitert sei. Ein solcher Südbund, wie er ihn gewollt, hätte in 
Paris keine Hoffnungen erwecken können, sei weit entfernt vron einem Rhein- 
bund schmachvollen Andenkens. Wenn man auch kein unbedingter Bewun- 
derer der badischen Regierung oder Anbeter der preußischen Hegemonie sei, 
brauche man noch lange kein Freund der französischen Suprematie oder der 
jetzt vertriebenen Dvnastie zu sein. Er habe sich oft genug empört über die 
verschiedenen Wallfabrten nach Paris zu dem Manne, der die Schuld trage 
aller Kriege der Neuzeit. Er habe sich kein Deutschland ohne Oesterreich 
denken können, schon unserer Sicherheit wegen; denn die gentile Haltung 
Oesterreichs in diesem Kriege sei, obgleich von ihm gehofft, doch nicht mit 
Bestimmtheit vorauszusehen gewesen. Warum nenne man Diejenigen Parti- 
kularisten, denen die Leute an der Donau so lieb, wie die an der Spree? 
Seien sie nicht eher die Nationalen, als diejenigen, welche sich selbst so 
nennen? So habe es ihm in der Seele wehe gethan, daß man nichtdeutsche 
Stämme in das deutsche Reich aufgenommen und kein Wort des Bedauerns 
gehabt habe dafür, daß deutsche Stämme, Jahrhunderte lang mit uns in 
Freud und Leid verbunden, daron ausgeschlossen worden. Das sei kein Par- 
tikularismus, und wie wenig er demselben zugeneigt sei, werde er beweisen. 
Man stehe nun gegenüber großen Thatsachen, nicht zu verwischen aus der 
deutschen Geschichte, denen man sich nicht verschließen könne. Die Schlacht 
von Königgrätz, nicht blos eine verlorene Schlacht sondern ein Stück Ge- 
schichte, habe die letzte Hoffnung auf eine innige Verbindung mit Oester- 
reich vereitelt. Im öffentlichen Leben genüge bloßes Negiren nicht, 
sondern werde Positives mit bestimmtem Programme verlangt. Er habe 
heute kein anderes, als dem deutschen Bund beizutreten. Zu jenen, die 
blos zerstören wollen, ohne aufzubauen, gehöre er nuicht. Der Deutschen 
Verfassung sehe man ihr Zustandekommen durch Compromisse an; kein 
Staatenbund, kein Bundesstaat, kein Einheitsstaat, habe sie doch von Allem 
etwas und befriedige deßhalb nach keiner Seite hin ganz, ein Haupt- 
grund nach seiner Ansicht, warum ihr auf der andern Seite wieder Jeder- 
mann zustimmen könne. Und gerade für Diejenigen in Süddeutschland, 
die freiheitlichen Institutionen huldigen, sei es Pflicht, sich nicht schmollend 
zurückzuziehen, sondern sich vorauszustellen als die Pionniere zu Erringung 
jener Institutionen auf dem deutschen Reichstag. Er habe das förderative 
System in Deutschland mit einer freien Bewegung aller Stämme, 
ohne deßhalb für die Existenz dieses oder jenes kleinen Landes zu schwärmen
	        
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