Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

416 Baden. Verhandlungen der ersten Kammer. 
wieder auseinander. Der Herr Graf sei völliger Ceutralist und Unitarier 
gewordeu, während er, Redner, angesichts der mit der Centralisation jenseits 
des Rheins gemachten Erfahrungen, in verschiedenen Dingen Particnlarist 
bleiben werde. 
Freiherr von Gemmingen“) ist gegen den Einheitsstaat und da die 
Verträge, namentlich die Militärconvention, direct dahin führen, wird er 
gegen die Vorlage stimmen. 
Dr. Herrmann"“): Der Vortrag des Herrn Grafen von Berlichinge 
have ihn nach zwei Seiten erfreut; einmal, weil derselbe offen erkläre, nun 
auch seinerseits jener durch die großen geschichtlichen Ereignisse der letzten 
Menate erdeugten Entwickelung sich anzuschließen, daun aber auch, weil 
dies nicht ohne einige Klagen und Seufzer geschehen sei, und — nach 
einer gewiß richtigen Bemerkung — Alles Große und Gute der deutschen 
Nation nur unier Seufzern und Klagen zu Theil werde, eine Erscheinung 
die übrigens einen guten allgemeinen Grund für sich haben und daher zu 
keinem Vorwurfe gereicheu dürfe. Redner hat nur Eines zu bedauern, 
daß nicht ein einfacher Anschluß an die Norddeutsche Verfassung stange- 
funden, welche nach der so richtigen Ausführung des Herrn Staatsministers 
sich practisch von solch' wunderbarer Actiousfähigkeit bewährt habe. Es 
sei ein ungeheurer Verzicht, der durch die zugestandenen Verfassungsän= 
derungen von Seite Norddeutschlands zu Begründung einer deutscheu 
Reichseinheit gemacht worden. Der Herr Berichterstatter habe schon die 
Punkte hervorgehoben, die nicht gerade zur Verbesserung der Vundesrer- 
fassung beitragen. Er wolle nur noch auf einen Punkt hinweisen, der 
ihm wenigstens höchst bedeuklich scheine, die Verminderung des Gerichts 
von Preußen im Bundeerath, diesem so wichtigen Organe; dadurch, daß 
dasselbe, trotz der bedeutenden Vermehrung der Stimmen im Ganzen, nur 
seine 17 Stimmen behalten habe, sei relativ sein Einfluß außerordeatlich 
herabgesetzt. Allerdings sei wohl zur Zeit kein Grund zur Besorgniß hier- 
wegen vorhauden, allerdings vermöge das Gewicht einer so großartigen 
staatsmännischen Persönlichkeit, wie sie in Graf Bismarck hervortrele, riele 
Stimmen im Bundeorath zu überwiegen; aber es werden auch andere 
Zeiten kommen, Zeiten, wo Leute vom Mittelschlag, gewöhnliche Männer 
— denn nicht jedes Jahrhundert erzeuge solche Staatsmänner an der 
Spitze als Bundeskanzler fungiren, und daun könnte der Nachtheil der 
Veränderung des Schwergewichts allerdings stark empfunden werden Dech 
das seien curae posteriores, nicht zu berucksichtigen, wo es sich, wie uns 
aus der Verathung anderer Staatsverträge schon bekanut, nicht um kritisches 
Eingehen auf das Einzelne, sondern nur um Aunahme oder Ablehnen 
"* 19 l. g. u. 
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