Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Hallwachs. 49 
einfügen — das sind die Errungenschaften, die der deutschen Nation 
nach langen äußeren und inneren Kämpfen, nach viel geübter nationaler 
Entsagung, Demuth und Geduld entgegengebracht werden, und man muß 
darnach wohl fragen: Welche Nation dürfte solches Angebet mit abweh- 
render Hand zurückweisen, ohne sich dem gerechten Vorwurfe auszusetzen, 
daß sie für den Beruf, als Nation zu gelten, ihren Platz als solche, allen 
Gegnern zum Tretz, zu behaupten, und die ihr gewordene Aufgabe zu er- 
jüllen. — unfähig sei.) Für das Großherzogthum Hessen hat die Annahme 
der Verträge überdies die besondere Bedeutung, daß in Folge derselben die 
seitherige staatsrechtliche Doppelstellung seiner Gebietstheile nördlich und 
südlich des Maines beseitigt wird. Ueber die Frage: ob die Aufrechter- 
baltung dieser Doppelstellung im nationalen, wie im speciellen Landesin- 
terersse wünschenswerth, ob sie, abgesehen hiervon, auf längere Dauer auch 
nur möglich sein werde, waren die Ansichten im Großherzogthum, insbe- 
sendere auch in dieser Kammer, seither verschieden. Die Minorität der 
Kammer war der auf dem XIX. Landtage (cf. XIX. Landtag Prot. 
B. III. S.3—7 7) vertreteuen Meinung, daß die Verfassung des Nord- 
deutschen Bundes das bundesstaatliche Princip nicht himeichend wahre 
und daß Verhandlungen mit Preußen zur Herbeiführung einer bundesstaat- 
lichen Einigung unter allen Umständen nur im Vereine mit sämmtlichen 
süddeutschen Staaten zu eröffnen oder doch vor dem Betreten anderweiter 
Wege zu versuchen seien. Die Majorität richtete dagegen an die Gr. Re- 
gierung das Ersuchen: „wegen Ausdehnung des Norddeutschen Bundes 
auf alle süddeutsche Staaten, jedenfalls aber wegen Eintritts des gesammten 
Greßherzogthums in den Norddeutschen Bund, mit der Königlich 
Preußischen Regierung sofort in Verhandlung zu treten“. Auf dem XXN. 
Landtage wurden Anträge in ähnlichem Sinne, auf den Eintritt des ge- 
sammten Großherzegthums in den Norddeutschen Bund gerichtet, gestellt, 
und es hatte sich die Majorität des berichtenden Ausschusses bezüglich ihrer 
zu dem von dem dermaligen Berichterstatter fermulirten Antrage geeinigt: 
das von der Majorität des XIX. Landtags beschlessene Ersuchen an die 
Gr. Regierung für jeden Zeitpunkt aufrecht zu erhalten, in welchem 
Verhandlungen wegen Eintritts des gesammten Großherzogthums in den 
Norddeutschen Bund mit Aussicht auf Erfolg eröffnet werden könnten. 
Dieser Antrag war seither in der Kammer nicht zur Berathung gelangt, 
rud zwar — wiie der Berichterstatter annehmen zu dürfen glaubt — 
vorwiegend aus dem Grunde, weil gerade die Anhänger der in dem An- 
trage vertretenen Ansicht unter den seitherigen Verhältnissen eine Dio— 
cussion und Beschlußfassung über denselben der Sache nicht für förderlich 
erachteten, so daß wenigstens gerade von dieser Seite ein Verlangen, den Antrag 
auf die Tagesorduung zu setzen, nicht weiter nusgesprochen wurde. Wie 
dem aber auch sein möge — die zwieträchtige Frage: ob die Anhänger 
oder ob die Gegner der auf einen Eintritt des gesammten Großherzog-
	        
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