Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

434 Heffen. Verhandlungen der zweiten Kammer. 
in seiner Eigenschaft als Oberhaupt des Deutschen Bundes, also des künftigen 
Deutschen Kaisers, in allen wesentlichen Beziehungen irgendwie beschränken zu 
wollen; ich eifcre nur gegen die Präponderanz des Preußischen Staates als solchen, 
wodurch ein Zustand gegründet wird, welcher meines Erachtens nothwendig ent- 
weder zum vollen GEinhcitsstaate oder zu dauernder und voraussichtlich wachsender 
Unzufriedenheit der Bevölkerungen der übrigen Deutschen Länder führen muß. 
Diese Präponderanz des Preußischen Staates kann meines Erachtens nur gehoben 
werden durch Beseitigung des Preußischen Landtags. Ich müßte mich sehr irren, 
oder man hat auch schon in Berlin den Mißstand gefühlt, der daraus hervor- 
geht, daß zwei große Volksvertretungen nebeneinander bestehen, von denen die 
eine das moderne Gesammt-Deutschland, und die andere seither ## und künf- 
tighin immer noch ; dieses Deutschlands zu vertreten hat. Es liegt bei einer 
solchen Organisation offenbar die Gefahr nahe, daß die eine dieser Ver- 
sammlungen durch die andere lahm gelegt werde. Es liegt weiter die Ge- 
fahr nahe, daß die wahre Meinung der Deutschen Nation gefälscht oder 
hintangesetzt werde; denn der Fall ist sehr wohl denkbar, daß eine Ansicht, 
die in dem Preußischen Landtage die Minorität hat, im Deutschen Reichstag 
nicht nur die Majorität, sondern selbst eine sehr beträchtliche Majorität haben 
würde, und doch ist zu besorgen, daß in einem solchen Falle nicht die Deutsche, 
sondern die Preußische Majorität die Oberhand gewinnen werde. Man wird 
dann wieder die Phrase hören, daß sich Preußen nicht majorisiren lassen 
dürfe, ein Satz, der in gewissem Sinme seine Berechtigung haben mag, aber 
im Allgemeinen gewiß unrichtig ist und mit dem noch fortwährend viel 
Mißbrauch getrieben worden ist und mit dem schon viel Mißbrauch getrie- 
ben worden ist und mit dem noch fortwährend viel Mißbrauch getrieben 
wird. Wird aber der Preußische Landtag beseitigt, dann treten die Provin- 
zen Prcußens zu dem Gesammtvaterland in ein ähnliches Verhältniß wie 
die übrigen Deutschen Staaten, nur daß sie unter sich durch einen und den- 
selben Sourerain verbunden sind. Dann werden die Preußischen Provinzial- 
landtage dieselbe Stellung einnehmen, wie die Ständeversammlungen der 
übrigen Staaten. Dann ist zu hoffen, daß der oft so traurig hervor- 
tretende Gegensatz zwischen specifisch preußischen und allgemein deutschen 
Interessen immer mehr verschwinden werde; dann wird man in Wahrheit 
von einem Deutschen Reiche reden können. So lange das aber nicht 
der Fall ist, kann ich im neuen Deutschen Reiche seinem innersten Wesen 
nach nur ein großes Preußen mit einigen in's Schlexptau genommenen 
Staaten erkennen. Meine Herren, ich habe Ihnen die Gründe rückhaltslos 
dargelegt, welche mich bestimmt haben würden, gegen den Eintritt in den 
Norddeutschen Bund zu stimmen, wenn uns die Möglichk eit verblieben 
wärc, diesen GEintritt noch zu versagen. Damit habe ich zugleich die Ziele 
bezeichnet, nach welchen man meines Erachtens, namentlich in Süddeutsch- 
land, in Zukunft wird hinstreben müssen, obgleich ich mir nicht verhehle,
	        
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